21.11.2024
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Landgericht Koblenz Urteil20.12.2006

Amtlicher Mustertext für Wider­rufs­be­lehrung bei Haustür­ge­schäften ist fehlerhaft - Wider­rufs­be­lehrung daher unwirksamBertelsmann verliert im Streit um Widerrufsrecht bei Haustür­ge­schäften

Die Bertelsmann Tochter­ge­sell­schaft "inmediaONE" ist mit einer Klage auf Kaufpreis­zahlung unterlegen. Sie hatte beim Verkauf eines Lexikons im Rahmen eines so genannten Haustür­ge­schäfts die amtlichen Mustertexte über die Wider­rufs­be­lehrung verwandt. Diese sind jedoch nach Auffassung des Landgerichts Koblenz fehlerhaft. Weise die bei Haustür­ge­schäften zu erteilende Wider­rufs­be­lehrung nicht auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hin, nämlich dass im Falle eines wirksamen Widerrufs die beiderseits empfangenen Leistungen zurück­zu­ge­währen seien, so entfalte sie keine Wirkung. Dies gilt nach Ansicht des Landgerichts Koblenz auch dann, wenn die gegenseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht werden.

Der Kläger unterzeichnete am 06.10.2004 im Rahmen eines Vertre­ter­be­suches, der ohne vorherige Bestellung des Klägers zustande gekommen war, die Bestellung für eine "Mulit­me­di­a­le­xi­kothek" zum Preis von 2.258.- Euro. In dem Bestellformular wurde der Käufer auf sein Widerrufsrecht hingewiesen. Die Belehrung enthielt jedoch keinen Hinweis darauf, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs die beiderseits empfangenen Leistungen zurück­zu­ge­währen sind. Die Lieferung erfolgte am 02.11.2004. Am 16.11.2004 sandte der Kläger die Ware zurück und forderte die beklagte Vertriebsfirma auf, klarzustellen, dass aus der Bestellung keine Rechte hergeleitet würden. Die Beklagte lehnte dies ab.

Mit der von ihm darauf hin erhobenen Klage begehrte der Kläger zunächst, festzustellen, dass er der Beklagten keine Bezahlung schulde. Nachdem die Beklagte ihrerseits Widerklage auf Zahlung des Kaupreises erhoben hatte, haben die Parteien die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt.

Auf die Widerklage hat das Amtsgericht Montabaur den Kläger zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der wirksam abgeschlossene Kaufvertrag sei durch den Kläger nicht rechtzeitig widerrufen worden. Die Widerrufsfrist habe mit der Erteilung der Wider­rufs­be­lehrung zu laufen begonnen. Diese sei ordnungsgemäß, da sie mit dem Muster der Anlage 2) zu § 14 BGB-InfoV übereinstimme. Ein Hinweis auf die Widerrufsfolgen gemäß § 357 BGB, wie er von der Vorschrift des § 312 BGB gefordert werde, sei nicht erforderlich, da die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht worden seien. In diesen Fällen könne die Belehrung zu den Widerrufsfolgen entfallen.

Gegen dieses Urteil richtete sich die Berufung des Klägers, der eine falsche Rechtsanwendung rügt. Hierauf hat das Landgericht Koblenz das Urteil des Amtsgerichts Montabaur abgeändert und die auf Zahlung des Kaufpreises gerichtete Widerklage abgewiesen.

Anders als das Amtsgericht hat es einen Kaufpreis­an­spruch der Beklagten verneint, da der Kläger durch Rücksendung der Ware den mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag wirksam widerrufen habe, §§ 312, 355, 357, 346 ff BGB.

Der Widerruf sei insbesondere rechtzeitig erfolgt. Der Lauf der Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt der Rücksendung der Ware noch nicht in Gang gesetzt gewesen. Die grundsätzlich nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB einzuhaltende Widerrufsfrist von zwei Wochen beginne mit Aushändigung einer wirksamen Wider­rufs­be­lehrung. An dieser habe es vorliegend gefehlt, da die dem Kläger ausgehändigte Wider­rufs­be­lehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche.

Da der Kauf im Rahmen eines Haustür­ge­schäftes im Sinne des § 312 BGB erfolgt sei, müsse gemäß Absatz 2 der genannten Vorschrift die erforderliche Belehrung über das Widerrufs- oder Rückgaberecht auf die in § 357 Abs. 1 und 3 BGB genannten Rechtsfolgen hinweisen. Der Käufer habe daher darauf hingewiesen werden müssen, dass nach einem wirksamen Widerruf die beiderseits empfangenen Leistungen zurück­zu­ge­währen seien.

Dieses Erfordernis entfalle auch dann nicht, wenn wie im vorliegenden Fall die Lieferung der Ware erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolge, eine Rückgewähr von Leistungen daher nicht in Betracht komme.

BGB-Info Verordnung kann als nachrangiges Recht nicht die Regelungen des BGB außer Kraft setzen

Zwar sehe die amtliche Fußnote der Anlage 2) zu § 14 BGB-InfoV, in der der Verord­nungsgeber eine Muster­wi­der­rufs­be­lehrung formuliert hat, für diesen Fall vor, dass der genannte Hinweis entfallen könne. Dieser durch den Verord­nungsgeber formulierte Gestal­tungs­hinweis widerspreche jedoch der gesetzlichen Regelung des § 312 Abs. 2 BGB und sei daher ohne Wirkung. Die BGB-InfoV könne als nachrangiges Recht nicht die Regelungen des BGB außer Kraft setzen. In § 312 Abs. 2 BGB sei ausdrücklich und ohne Einschränkung vorgeschrieben, dass bei Haustür­ge­schäften auch auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hinzuweisen ist. Der dazu in Widerspruch stehende Gestal­tungs­hinweis in der amtlichen Fußnote zu § 14 BGB-InfoV sei daher unwirksam.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Koblenz vom 09.01.2007

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