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Landgericht Frankfurt am Main Beschluss10.09.2018

Facebook darf Account nach "Hassrede" sperrenRechte des Nutzers auf freie Meinung­s­äu­ßerung und Interessen von Facebook sind dabei gegeneinander abzuwiegen

Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass der Betreiber des sozialen Netzwerks Facebook einen Account für 30 Tage sperren darf, wenn der Nutzer einen sogenannten Hasskommentar verfasst. Das kann im Einzelfall auch dann gelten, wenn der Hasskommentar noch von dem Recht auf Meinung­s­äu­ßerung gedeckt ist.

Der Entscheidung des Landgerichts lag folgender Fall zugrunde: Ein Facebook-Nutzer hatte als Reaktion auf einen Online-Artikel der Zeitung "Welt" mit dem Titel "Eskalation in Dresden - 50 Asylbewerber attackieren Polizisten - Beamte werden getreten und geschlagen" folgenden Kommentar abgesetzt:

"Wasser marsch, Knüppel frei und dann eine Einheit Militä­r­po­li­zisten! Dann ist schnell Ruhe! Und jeden ermittelten Gast Merkels ab in die Heimat schicken."

Facebook sperrt Nutzeraccount nach "Hassrede"

Facebook sperrte daraufhin den Account für 30 Tage, weil nach seinen Nutzungs­be­din­gungen der Kommentar eine "Hassrede" darstelle. Vor dem Landgericht Frankfurt am Main forderte der Nutzer in einem Eilverfahren, Facebook zu untersagen, seinen Account wegen dieser wörtlichen oder sinngemäßen Äußerung zu sperren oder den Kommentar zu löschen.

LG: Kommentar erfüllt Merkmale einer Hassrede im Sinne der Nutzungs­be­din­gungen von Facebook

Das Landgericht Frankfurt am Main wies den Eilantrag des Nutzers zurück. Der Kommentar erfülle die Merkmale einer Hassrede im Sinne der Nutzungs­be­din­gungen von Facebook. "Die Äußerung fällt unter die Hassre­de­be­din­gungen der Antragsgegnerin (Anmerkung: Facebook), da sie zu Gewalt gegen die hier betroffenen Flüchtlinge aufruft. Denn der Durch­schnitts­emp­fänger kann die Äußerung nur so verstehen, dass Wasserwerfer, Knüppel und ggf. weitere Maßnahmen gegen Flüchtlinge angewendet werden sollen", befand das Landgericht.

Äußerung gleichzeitig zulässige Meinung­s­äu­ßerung

Die Äußerung sei aber zugleich eine zulässige Meinung­s­äu­ßerung im Sinne des Artikels 5 des Grundgesetzes. Sie stelle keine Schmähkritik dar, denn sie ziele nicht jenseits polemischer und überspitzter Kritik auf eine reine Diffamierung der Betroffenen ab. Der Nutzer habe seinen Kommentar aus Anlass einer Presse­be­rich­t­er­stattung abgegeben, so dass sie auch nicht außerhalb jedes Sachzu­sam­menhangs erfolgt sei.

Facebook kann sich auf Schutz der Berufsfreiheit berufen

Eine Äußerung, die wie vorliegend dem grund­ge­setz­lichen Schutz der Meinungsfreiheit unterliege, könne von staatlichen Organen oder Institutionen zwar nicht ohne Weiteres gesperrt oder untersagt werden. Das gelte für den Betreiber eines sozialen Netzwerkes aber nicht in gleichem Maße. Facebook könne sich nämlich seinerseits auf den Schutz der Berufsfreiheit aus Artikel 12 des Grundgesetzes berufen, der sein Interesse am Betrieb der Plattform schütze. Die Rechte des Nutzers und die Interessen von Facebook müssten daher gegeneinander abgewogen werden, so das Gericht.

Einschränkungen der Meinung­s­äu­ße­rungs­freiheit im Einzelfall zulässig

Das Landgericht berücksichtigte einerseits, dass sich der Nutzer in diesem bedeutenden sozialen Netzwerk während der Dauer der Sperrung nicht mehr äußern könne. Das Gericht erklärte, dass Facebook "einen wesentlichen Marktplatz für Informationen darstellt und ein großes Interesse für den Antragsteller (Anmerkung: der Nutzer) daran besteht, seine Meinung auf dieser konkreten Plattform äußern zu können." Andererseits habe Facebook ein Interesse am Betrieb seiner Plattform. Dem Gericht sei bekannt, dass sich einzelne Nutzer wegen der (Hass-)Kommentare anderer Teilnehmer an Diskussionen nur eingeschränkt beteiligten und sich einer Meinung­s­äu­ßerung enthielten. Ein juristisches Portal habe kürzlich die Kommen­ta­r­funktion sogar gänzlich deaktiviert, weil das Forum unter dem Deckmantel der Meinungs­freiheit zunehmend missbraucht worden sei, um Hass zu verbreiten. Bei seiner Entscheidung berücksichtigte das Gericht auch, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Einschränkungen der Meinung­s­äu­ße­rungs­freiheit im Einzelfall zulässt, wenn Grundrechte Dritter ernsthaft beeinträchtigt sind.

Quelle: Landgericht Frankfurt am Main/ra-online

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