03.12.2024
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Landgericht Dortmund Urteil23.04.2010

Auch heimliche Geliebte als Beifahrerin muss Versicherung bei Verkehrs­unfall benannt werdenInteresse des Versi­che­rungs­nehmers, seine Beziehungen störungsfrei zu koordinieren muss hinter Aufklä­rungs­in­teresse der Vollkas­ko­ver­si­cherung zurücktreten

Weil ein Versi­che­rungs­nehmer nach einem Unfall seine heimliche Geliebte als Unfallzeugin nicht benennen wollte – aus Angst, seine Lebensgefährtin könnte davon erfahren – durfte sich seine Vollkas­ko­ver­si­cherung auf Leistungs­freiheit berufen. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Dortmund hervor.

Im zugrunde liegenden Fall verursachte ein Mann mit seinem Porsche 911 Carrera Cabrio einen Unfall in Italien. Er kam auf nasser Fahrbahn ins Schleudern und von der Straße ab und landete in einem Acker. Er war bei dem Unfall in Begleitung einer Frau. Diese und einige italienische Passanten sollen ihm geholfen haben, den Wagen wieder auf die Straße zurück­zu­schieben. Eine schwere Beschädigung des Pkws sei zunächst nicht sichtbar gewesen. Später verlangte der Mann aber von seiner Versicherung 17.480 Euro Reparaturkosten.

Heimliche Freundin nicht als Zeugin genannt

In dem Formular "Unfall­fra­gebogen" der Versicherung beantworte er die Frage "Gibt es Zeugen für den Unfallhergang?" mit "Nein". Später auf weitere Nachfrage der Versicherung hin benannte der Mann die Beifahrerin als Zeugin. Er habe die Beifahrerin zuvor nicht genannt, da er verheiratet sei und mit einer Freundin unterwegs gewesen wäre.

Versicherung verweigert Schadens­re­gu­lierung

Die Versicherung lehnte die Regulierung des Schadens ab und berief sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung (Nichtangabe der Zeugin). Der Mann verklagte daraufhin die Versicherung vor dem Landgericht Dortmund auf Zahlung von 17.480 Euro.

Gericht: Versicherung wird wegen Oblie­gen­heits­ver­letzung leistungsfrei

Das Landgericht Dortmund wies die Klage ab. Es führte aus, dass der Mann keinen Anspruch aus § 1 VVG a.F. i.V. mit §§ 12, 13 AKB habe. Unabhängig vom Vorliegen des behaupteten Versi­che­rungs­falles sei die Versicherung wegen einer Oblie­gen­heits­ver­letzung gemäß § 7 I. (2) S. 3, (4) AKB i. V. mit § 6 Abs. 3 VVG a.F. leistungsfrei geworden.

Gericht: Kläger hat Frage nach Zeugen falsch beantwortet

Der Kläger habe objektiv die Obliegenheit aus § 7 AKB verletzt, wonach der Versi­che­rungs­nehmer verpflichtet sei, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Die danach für die Aufklärung bedeutsame Frage nach Zeugen des Unfalles habe der Kläger verneint, obwohl die Zeugin U sich nach seinen eigenen Angaben als Beifahrerin in seinem Pkw befunden hatte.

Die Leistungs­freiheit entfalle vorliegend auch nicht nach den Grundsätzen der Relevanz­recht­sprechung. Leistungs­freiheit setze voraus, dass die Oblie­gen­heits­ver­letzung generell geeignet ist, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, ein erhebliches Verschulden des Versi­che­rungs­nehmers vorliegt und dieser über die Möglichkeit des Anspruchs­ver­lustes auch bei folgenlosen Oblie­gen­heits­ver­let­zungen ordnungsgemäß belehrt worden sei.

Unvollständige Angaben

Unvollständige Angaben über vorhandene Zeugen seien generell geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden. Es bestehe kein Zweifel, dass der Kasko­ver­si­cherer für seine Regulie­rungs­ent­scheidung über die zur Verfügung stehenden Zeugen informiert sein müsse, um die Angaben des Versi­che­rungs­nehmers überprüfen zu können. Ein erhebliches Verschulden des Klägers sei ebenfalls zu bejahen. Ein Verstoß, der auch einem sonst ordentlichen Versi­che­rungs­nehmer leicht unterlaufen könne und für den ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermöge, sei hier nicht zu erkennen. Umstände, die das Verhalten des Klägers in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten, seien nicht ersichtlich.

Die Angst, dass die Lebensgefährtin von Geliebter erfährt, entlastet den Versi­che­rungs­nehmer nicht

Es sei offensichtlich, dass bei Unfällen, zumal bei solchen, die sich im Ausland ereignet haben und die polizeilich nicht aufgenommen wurden, Zeugen von besonderer Wichtigkeit sind. Dabei würde es den Kläger auch nicht entlasten, wenn er tatsächlich die Zeugin nicht angegeben hätte, damit seine Lebensgefährtin nicht von ihr erfährt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass das Aufklä­rungs­in­teresse der Beklagten hinter dem Interesse des Klägers, seine Beziehungen störungsfrei zu koordinieren zurücktreten müsste.

Quelle: ra-online, Landgericht Dortmund

der Leitsatz

1. Der VN ist im Rahmen der ihn treffenden Aufklä­rungs­ob­lie­genheit verpflichtet, die Unfallzeugen anzugeben.

2. Es entlastet ihn nicht vom Vorwurf der Oblie­gen­heits­ver­letzung ( nach VVG a.F. ), wenn er eine Zeugin ggü. dem Versicherer nicht angibt, damit die Lebensgefährtin nicht von dieser erfährt.

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