Im zugrunde liegenden Fall verursachte ein Mann mit seinem Porsche 911 Carrera Cabrio einen Unfall in Italien. Er kam auf nasser Fahrbahn ins Schleudern und von der Straße ab und landete in einem Acker. Er war bei dem Unfall in Begleitung einer Frau. Diese und einige italienische Passanten sollen ihm geholfen haben, den Wagen wieder auf die Straße zurückzuschieben. Eine schwere Beschädigung des Pkws sei zunächst nicht sichtbar gewesen. Später verlangte der Mann aber von seiner Versicherung 17.480 Euro Reparaturkosten.
In dem Formular "Unfallfragebogen" der Versicherung beantworte er die Frage "Gibt es Zeugen für den Unfallhergang?" mit "Nein". Später auf weitere Nachfrage der Versicherung hin benannte der Mann die Beifahrerin als Zeugin. Er habe die Beifahrerin zuvor nicht genannt, da er verheiratet sei und mit einer Freundin unterwegs gewesen wäre.
Die Versicherung lehnte die Regulierung des Schadens ab und berief sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung (Nichtangabe der Zeugin). Der Mann verklagte daraufhin die Versicherung vor dem Landgericht Dortmund auf Zahlung von 17.480 Euro.
Das Landgericht Dortmund wies die Klage ab. Es führte aus, dass der Mann keinen Anspruch aus § 1 VVG a.F. i.V. mit §§ 12, 13 AKB habe. Unabhängig vom Vorliegen des behaupteten Versicherungsfalles sei die Versicherung wegen einer Obliegenheitsverletzung gemäß § 7 I. (2) S. 3, (4) AKB i. V. mit § 6 Abs. 3 VVG a.F. leistungsfrei geworden.
Der Kläger habe objektiv die Obliegenheit aus § 7 AKB verletzt, wonach der Versicherungsnehmer verpflichtet sei, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Die danach für die Aufklärung bedeutsame Frage nach Zeugen des Unfalles habe der Kläger verneint, obwohl die Zeugin U sich nach seinen eigenen Angaben als Beifahrerin in seinem Pkw befunden hatte.
Die Leistungsfreiheit entfalle vorliegend auch nicht nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung. Leistungsfreiheit setze voraus, dass die Obliegenheitsverletzung generell geeignet ist, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, ein erhebliches Verschulden des Versicherungsnehmers vorliegt und dieser über die Möglichkeit des Anspruchsverlustes auch bei folgenlosen Obliegenheitsverletzungen ordnungsgemäß belehrt worden sei.
Unvollständige Angaben über vorhandene Zeugen seien generell geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden. Es bestehe kein Zweifel, dass der Kaskoversicherer für seine Regulierungsentscheidung über die zur Verfügung stehenden Zeugen informiert sein müsse, um die Angaben des Versicherungsnehmers überprüfen zu können. Ein erhebliches Verschulden des Klägers sei ebenfalls zu bejahen. Ein Verstoß, der auch einem sonst ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen könne und für den ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermöge, sei hier nicht zu erkennen. Umstände, die das Verhalten des Klägers in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten, seien nicht ersichtlich.
Es sei offensichtlich, dass bei Unfällen, zumal bei solchen, die sich im Ausland ereignet haben und die polizeilich nicht aufgenommen wurden, Zeugen von besonderer Wichtigkeit sind. Dabei würde es den Kläger auch nicht entlasten, wenn er tatsächlich die Zeugin nicht angegeben hätte, damit seine Lebensgefährtin nicht von ihr erfährt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass das Aufklärungsinteresse der Beklagten hinter dem Interesse des Klägers, seine Beziehungen störungsfrei zu koordinieren zurücktreten müsste.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.11.2010
Quelle: ra-online, Landgericht Dortmund