18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Coburg Urteil27.09.2012

Radfahrer fährt in Slackline - Kein Anspruch auf SchadensersatzAufstellen von Hinweis­schildern oder Siche­rungs­posten zur Warnung vor "Slacklines" unnötig

Ein Radfahrer, der trotz der Aufforderung anzuhalten, in ein im Rahmen einer Jugend­ver­an­staltung gespanntes Balancierband fährt und sich dabei verletzt, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz. Dies entschied das Landgericht Coburg.

Im zugrunde liegenden Streitfall fuhr eine Radfahrerin am Vatertag 2011 auf dem Landes­gar­ten­schau­gelände in Kronach außerhalb der verlegten Gehwegplatten über einen Platz. Auf diesem Platz hatte das Kreisjugendamt Kronach zwischen zwei Bäumen eine so genannte "Slackline" in Hüfthöhe gespannt. Jugendliche sollten bei alkoholfreien Getränken dazu animiert werden auf diesen Balancierband ihre Geschick­lichkeit zu erproben. Die Klägerin fuhr quer über den Platz ohne die "Slackline" zu bemerken. Der Jugend­amts­leiter sah die Klägerin, rief "Halt" und ging mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Obwohl die Radfahrerin den warnenden Mann bemerkte, fuhr sie weiter und gegen die "Slackline". Daraufhin stürzte sie und zog sich neben blauen Flecken und Prellungen einen Knochenbruch zu.

Radfahrerin hält gespannt Slackline für unzulässig und verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld

Die Klägerin behauptet, dass die gespannte "Slackline" farblich völlig unauffällig gewesen sei. Den Warnruf habe sie zu spät gehört. Das Band hätte überhaupt nicht an dieser Stelle angebracht werden dürfen, denn diese müsse von Radfahrern und Fußgängern benutzt werden. Der gesamte Platz sei als Rad- und Fußweg anzusehen. Deshalb wollte die Klägerin vom Landkreis 4.000 Euro Schmerzensgeld und 750 Euro weiteren Schadenersatz.

"Slackline" war optisch auffällig und nicht zu übersehen

Der beklagte Landkreis gab an, dass es sich nur im Bereich der verlegten Platten um einen Geh- und Radweg handle. Die gespannte "Slackline" sei optisch auffällig und nicht zu übersehen gewesen. Die Klägerin habe nicht ausreichend aufgepasst.

Verkehrs­si­che­rungs­pflichten für Wege gelten nicht für Abkürzungen

Das Landgericht Coburg wies die Klage ab. Zunächst stellte es fest, dass der Unfall nicht auf einem Geh- und Radweg stattgefunden habe. Wer auf dem Garten­schau­gelände außerhalb der mit Platten belegten Geh- und Radwege fährt um abzukürzen, kann sich nicht auf die Verkehrs­si­che­rungs­pflichten, die für Wege gelten, berufen.

Slackline war durch hellgelbe Farbe auffällig und ausreichend erkennbar

Das Gericht hielt auch das Aufstellen von Hinweis­schildern oder Siche­rungs­posten zur Warnung vor der "Slackline" für unnötig. Dieses war nach den Feststellungen des Gerichts durch seine hellgelbe Farbe so auffällig, dass man sie aus Fahrtrichtung der Klägerin bereits vor Befahren des Platzes erkennen konnte.

Fahrradfahrerin wurde rechtzeitig durch Leiter des Jugendamtes gewarnt

Dazu kam, dass der Leiter des Jugendamtes sich wie ein Warn- und Siche­rungs­posten verhalten hatte. Er hatte der Radfahrerin rechtzeitig "Halt" zugerufen. Diese trat nach ihren eigenen Angaben dann noch drei- bis viermal in die Pedale. Weiter gab sie an, dass sie den Leiter des Jugendamtes für möglicherweise betrunken gehalten hatte, und sich gefragt habe, was dieser nur wolle. Diese Reaktion konnte das Gericht nicht nachvollziehen und bescheinigte dem Jugend­amts­leiter einen seriösen äußeren Eindruck. Daher hatte das Kreisjugendamt keine Verkehrssicherungspflicht verletzt und die Klage wurde abgewiesen.

Radfahrerin hätte auch bei verletzter Verkehrs­si­che­rungs­pflicht keinen Anspruch auf Schadensersatz

Lediglich ergänzend stellte das Landgericht noch fest, dass selbst bei einem Verstoß gegen eine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht das Verschulden der Radfahrerin zu einer Klageabweisung geführt hätte. Wer trotz einer Warnung in ein gespanntes Balancierband hineinfährt, ist für die daraus resultierenden Schäden selbst verantwortlich.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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