23.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil06.04.2010

LG Coburg zur Frage der Sitten­wid­rigkeit eines Darle­hens­ver­tragesBankkunde hätte im Hinblick auf Zahlungs­schwie­rig­keiten Restschuld­ver­si­cherung abschließen oder von Widerrufsrecht Gebrauch machen können

Ein Bankkunde, der einen Darle­hens­vertrag abgeschlossen hat und die Ratenzahlung wegen finanziellen Engpässen einstellt, kann sich nicht darauf berufen, dass der Vertrag der Bank aufgrund des Abschlusses in einer Zwangslage sittenwidrig war, wenn die Bank nachweisen kann, dass die Raten eine zeitlang beglichen wurden und der Kunde weder von einer Restschuld­ver­si­cherung noch von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen wollte. Dies entschied das Landgericht Coburg.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte eine Bank den noch offenen Rest eines Darlehens in Höhe von über 28.000,- € von ihrem Kunden ein. Der Kunde hatte sich im Jahr 2005 von der Bank über 40.000 € geliehen. Der beklagte Kunde meinte, der Bank stünde ein Zahlungs­an­spruch nicht zu, da er sich bei Vertragsschluss in einer Zwangslage befunden habe. Er hielt den Vertrag für sittenwidrig, da er ihn nicht habe in Ruhe prüfen und in seine Muttersprache übersetzen lassen können. Außerdem sei er von Anfang an wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, das Darlehen vertragsgemäß zu bedienen. Die Bank wandte dagegen ein, dass ihr nicht bekannt gewesen sei, dass sich der Beklagte in einer Zwangslage befunden habe. Der Kunde sei wirtschaftlich auch zur Darle­hens­rü­ck­führung in der Lage gewesen und habe die vereinbarten Raten über ein Jahr hinweg ordnungsgemäß erbracht.

Darlehen muss in der Regel auch bei Sitten­wid­rigkeit zurückgezahlt werden

Das Landgericht gab dem Rückzah­lungs­an­spruch der Bank statt, da es eine Sittenwidrigkeit bei der Darle­hens­ge­währung nicht erkennen konnte. Entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch kommt es beim rechtlichen Begriff der Sitten­wid­rigkeit nicht auf eine Anstößigkeit im moralischen Sinne an, sondern allein auf die Frage der Hinnehmbarkeit der rechts­ge­schäft­lichen Gestaltung für die Rechtsordnung. Dazu hat die Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen herausgebildet. Die behauptete wirtschaftliche Überforderung des Beklagten lag nicht vor. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darle­hens­vertrags stand der Beklagte in einem langjährigen und ungekündigten Arbeits­ver­hältnis, aus dem er regelmäßige Einkünfte erzielte. Erst als sich beim Arbeitgeber des Bankkunden finanzielle Engpässe ergaben, hatte der Kunde seine Ratenzahlungen eingestellt. Die klagende Bank konnte sogar beweisen, dass sie ihren Kunden auf die Möglichkeit einer Restschuld­ver­si­cherung - um im Falle von Zahlungs­pro­blemen abgesichert zu sein - aufmerksam gemacht hatte. Dies hatte der beklagte Darlehensnehmer mit Hinweis auf seine sichere Arbeitsstelle abgelehnt. Darüber hinaus war der Beklagte auf sein gesetzliches Widerrufsrecht hingewiesen worden. Nach Auffassung des Gerichts hätte der Beklagte die Widerrufsfrist nutzen können, um eine Überprüfung des Darle­hens­ver­trages vorzunehmen und sich dann gegebenenfalls durch einen Widerruf von dem Vertrag zu lösen. Daher verurteilte das Landgericht Coburg den Beklagten zur Rückzahlung des noch offenen Darle­hens­be­trages. Im Übrigen ist ein Darlehen auch bei Sitten­wid­rigkeit in der Regel zurückzuzahlen.

Quelle: ra-online, Landgericht Coburg

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