18.10.2024
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Dokument-Nr. 1383

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Landgericht Coburg Urteil10.07.2002

Zu den Folgen unrichtiger Angaben über Vorerkrankungen gegenüber der privaten Berufs­un­fä­hig­keits­zu­satz­ver­si­cherungLügen lohnt nicht

Nur wer bei Abschluss einer Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­cherung zutreffende Angaben zu Vorerkrankungen macht, darf sich wirklich abgesichert fühlen. Dabei ist auch die Frage nach anormalen Schwan­ger­schafts­ver­läufen wahrheitsgemäß zu beantworten.

Das entschied jetzt das Landgericht Coburg – und wies die Klage einer Versicherten auf Berufs­un­fä­hig­keitsrente unter anderem deshalb ab, weil sie die entsprechende Frage trotz einer Fehlgeburt mit „Nein“ beantwortet habe. Die Frage stelle ebenso wenig einen schwerwiegenden Eingriff in die Intimsphäre dar wie z. B. die nach Depressionen. Ein „Recht zur Lüge“ bestehe deshalb nicht.

Die Klägerin schloss bei der beklagten Versicherung eine sogenannte Berufs­un­fä­hig­keits­zu­satz­ver­si­cherung ab. Im Antragsformular beantwortete sie aber sowohl die Frage nach anormalen Schwan­ger­schafts­ver­läufen als auch die nach früheren Depressionen unzutreffend mit „Nein“. Als sie dann tatsächlich berufsunfähig wurde und die Rente von monatlich rund 800,- € verlangte, kam ihr die Versicherung auf die Schliche. Sie focht den Vertrag wegen Täuschung an und verweigerte Zahlungen. Die Klägerin hielt entgegen, bei der ersten Frage habe sie wegen Verletzung ihrer Intimsphäre lügen dürfen. Und trotz längerer Psychotherapie hätten die Depressionen keinen Krankheitswert gehabt.

Das Landgericht Coburg gab aber der Versicherung Recht. Die Schwan­ger­schafts-Frage sei zurückhaltend gefasst und könne mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Hätte die Klägerin das Richtige angekreuzt, wäre angesichts der abstrakten Formulierung nichts offenbar geworden, was ihren intimsten Persön­lich­keits­bereich berühre. Und ob den depressiven Zuständen tatsächlich Krankheitswert zukomme, sei angesichts des Thera­pie­ab­bruchs nach mehr als sechs Monaten mit 16 Sitzungen nicht entscheidend. Aufgrund der Behand­lungsdauer habe die Klägerin den Zustand als so erheblich empfinden müssen, dass sie die Frage nach Depressionen nur mit „Ja“ beantworten durfte. Die Klägerin habe die Versicherung somit getäuscht – und gehe deshalb leer aus.

Erläuterungen
Zur Rechtslage:

Genau wie beim Abschluss jedes anderen Vertrages darf auch der potentielle Versi­che­rungs­nehmer seinen zukünftigen Vertragspartner – die Versicherung – nicht anlügen. Sonst kann die den Vertrag gegebenenfalls wegen arglistiger Täuschung anfechten. Mit der Folge, dass der Anspruch auf Versi­che­rungs­leis­tungen erlischt.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 22 Versi­che­rungs­ver­trags­gesetz (VVG) [Arglistige Täuschung]:

Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände anzufechten, bleibt unberührt.

§ 123 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung]:

(1) Wer zur Abgabe einer Willen­s­er­klärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) ...

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 10.09.2002

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