21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.
ergänzende Informationen

Landgericht Coburg Urteil07.11.2016

Kapita­l­le­bens­ver­si­cherung: Kein Wider­spruchsjoker bei mehrfacher Kredit­si­che­rungs­ab­tretungUnzulässige Ausübung des Wider­spruchs­rechts

Ein Versi­che­rungs­nehmer hat keinen Anspruch auf Rückzahlung von Beträgen für eine zwischen­zeitlich gekündigte Kapita­l­le­bens­ver­si­cherung trotz wirksamer Ausübung des Wider­spruchs­rechts wegen unzulässiger Rechtsaussübung, wenn dieser seine Ansprüche aus dem Versi­che­rungs­vertrag unmittelbar nach Abschluss zur Kredit­si­cherheit verwendet hatte. Dies hat das Landgericht Coburg entschieden.

Im vorliegenden Streitfall unterhielt der Kläger seit dem 01.01.1998 bei der Beklagten eine Kapita­l­le­bens­ver­si­cherung, die bis zum 01.01.2018 laufen sollte. Von Januar 1998 bis Februar 2007 diente dieser Vertrag dem Kläger als Kreditsicherung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigen­tums­wohnung. Im Jahr 2008 kündigte der Kläger den Vertrag und erhielt von der Beklagten eine Rückzahlung in niedriger fünfstelliger Höhe, die geringfügig über den vom Kläger insgesamt gezahlten Beiträgen lag.

Wider­spruch­s­er­klärung des Versi­che­rungs­ver­trages

Im Jahr 2015 ließ der Kläger über seine Rechtsanwälte den Widerspruch des Versi­che­rungs­ver­trages erklären und forderte nun die Rückzahlung der geleisteten Prämien nebst Schadensersatz für entgangene Rendite, Verzugszinsen und die Kosten der von ihm beauftragten Rechtsanwälte. Nach Verrechnung des bereits im Jahr 2008 erhaltenen Betrages ergaben sich Forderungen im hohen vierstelligen Bereich.

Versi­che­rungs­nehmer bemängelt unzureichende Wider­spruchs­be­lehrung

Der Kläger meinte, er sei bei Abschluss des Versi­che­rungs­ver­trages im Jahr 1998 nicht ordnungsgemäß über sein Wider­spruchsrecht belehrt worden. Dieses könne deshalb auch noch viele Jahre später erfolgreich geltend gemacht werden.

Versicherung hält Widerspruch für verspätet und somit unwirksam

Die beklagte Versicherung hingegen hielt ihre damalige Wider­spruchs­be­lehrung für rechtens, den Widerspruch schon allein deshalb für verspätet und damit unwirksam. Jedenfalls handele der Kläger rechts­miss­bräuchlich, wenn er erst 17 Jahre nach Versi­che­rungs­beginn und kurz vor dem ursprünglich geplanten Vertragsablauf den Widerspruch erkläre, obwohl er den Vertrag jahrelang als Sicherheit für seine Verbind­lich­keiten verwandt habe.

Klage trotz Wider­spruchsrecht erfolglos

Das Landgericht Coburg wies die Klage ab. Danach ist zwar die Belehrung der Versicherung über das Wider­spruchsrecht tatsächlich nicht fehlerfrei gewesen, weil sie sich nicht deutlich genug vom sonstigen Inhalt des Versi­che­rungs­scheines unterschieden hatte. Das Wider­spruchsrecht des Klägers bestand daher tatsächlich unbefristet bis zum Jahr 2015 fort und war auch durch die Kündigung des Versi­che­rungs­ver­trages und der danach erfolgten Abrechnung nicht erloschen.

BGH-Entscheidungen zur Fall-Beurteilung herangezogen

Trotzdem kann der Kläger nach der Entscheidung des Landgerichts die sich aus der Ausübung des Wider­spruchs­rechts ergebenen Ansprüche nicht erfolgreich geltend machen, weil er sich widersprüchlich verhalten hat. Zur Beurteilung dieser Frage hat sich das Landgericht mit zwei neuen Entscheidungen des Bundes­ge­richtshofs zu dieser Problematik ausein­an­der­gesetzt. Wie dort hatte auch hier der Kläger seine Ansprüche aus dem Versi­che­rungs­vertrag zeitnah nach Abschluss des Vertrages, sogar noch im gleichen Monat, zur Kreditsicherung an seine Bank abgetreten. Darüber hinaus war der Vertrag bei Ausübung des Wider­spruchs­rechts bereits seit sieben Jahren nach Kündigung des Klägers abgerechnet gewesen. Zuvor hatte der Kläger schließlich auch mehr als 10 Jahre die Prämien gezahlt.

OLG teilt Auffassung

Die Geltendmachung der Klageforderung als Folge des Widerspruchs aus dem Jahr 2015 wegen fehlerhafter Belehrung bei Abschluss des Versi­che­rungs­ver­trages im Jahr 1998 stellt deshalb nach der Entscheidung des Landgerichts ein wider­sprüch­liches Verhalten dar, weshalb der Klage kein Erfolg beschieden werden konnte. Das Oberlan­des­gericht Bamberg teilte die Auffassung des Landgerichts.

"Unbefristeter" Widerspruch nicht immer ein Erfolg

Die Entscheidung zeigt exemplarisch, dass die in jüngerer Vergangenheit vermehrt ausgeübten Wider­spruchs­rechte für schon seit langer Zeit abgeschlossene Kapita­l­le­bens­ver­si­che­rungen nicht in jedem Fall sicher zum gewünschten Erfolg führen. Wie so oft sind auch hier die Umstände jedes einzelnen Falles genau unter die Lupe zu nehmen. Nicht selten haben die Versicherungsnehmer jahrelang, oft sogar mehrere Male, die Versi­che­rungs­ansprüche als Kreditsicherung gebraucht und hierdurch auch der Versicherung zu erkennen gegeben, auch selbst von einem wirksamen Versi­che­rungs­vertrag auszugehen. In diesen Fällen spricht auch nach den Entscheidungen des Bundes­ge­richtshofs manches dafür, die seit einigen Jahren bestehende Möglichkeit des "unbefristeten" Widerspruchs als unzulässig anzusehen. Hierbei spielen dann auch die Dauer des Vertrages und der Beitragszahlung eine Rolle.

Quelle: Landgericht Coburg/ ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23910

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI