23.11.2024
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Landgericht Bonn Urteil31.07.2009

Heimfahrt vor dem Feiern planen: Vollkasko zahlt nicht bei Trunkenheit am SteuerBei grober Fahrlässigkeit des Fahrers kann die Vollkas­ko­ver­si­cherung ihre Leistungen kürzen

Vollkas­ko­ver­si­che­rungen sind teilweise von ihrer Leistungs­pflicht befreit, wenn der Versi­che­rungs­nehmer den Versi­che­rungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat. Es entlastet den Versi­che­rungs­nehmer nicht, wenn er wegen eigener Trunkenheit eine andere Person, die ihrerseits alkoholisiert war, das versicherte Auto hat fahren lassen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Bonn hervor.

Das Landgericht Bonn stellte auf das Fehlverhalten des Versi­che­rungs­nehmers ab, der seinen betrunkenen Freund fahren ließ. Hierzu führte das Gericht aus: Dass sich ein unter starker Alkoho­l­e­in­wirkung stehender Kraftfahrer nicht mehr ans Steuer seines Fahrzeugs setzen darf, und dass er durch ein Fahren in fahruntüchtigem Zustand andere Verkehrs­teil­nehmer, sich selbst und sein Fahrzeug einer unver­ant­wort­lichen Gefährdung aussetzt, ist heute derart Allgemeingut, dass unbedenklich davon ausgegangen werden kann, dass bei fast jedem Kraftfahrer die Hemmschwelle für ein Fahren trotz alkohol­be­dingter Fahrun­tüch­tigkeit stark heraufgesetzt ist.

Entscheidend ist Zurech­nungs­fä­higkeit zum Zeitpunkt des Alkoholgenusses

Das Gericht ließ die Frage dahingestellt, ob der Versi­che­rungs­nehmer zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeug­sch­lüssels an den betrunkenen Freund noch habe erkennen können, dass dieser nicht fahrtüchtig war. Entscheidend sei vielmehr für die Annahme des subjektiven Verschuldens des Versi­che­rungs­nehmers, dass er zum Zeitpunkt des eigenen Alkoholgenusses noch zurech­nungsfähig war. Dies bejahten die Richter. Er und sein Freund haben nach eigenen Angaben mit gegenseitiger Kenntnis viel Alkohol zu sich genommen.

Versi­che­rungs­nehmer wusste von Alkoholgenusses des Freundes

Der Versi­che­rungs­nehmer sagte in dem Gerichtsprozess, dass er zusammen mit seinem Freund eine Party besucht habe und dort auch mitbekommen habe, dass der Freund alkoholische Getränke zu sich nahm. Dieser wiederum schilderte, dass meistens der Versi­che­rungs­nehmer selbst an die Theke gegangen sei und Bier für sie beide mitgebracht habe.

Alkoholfahrt war von vornherein vorhersehbar

Das Gericht schloss daraus, dass der Versi­che­rungs­nehmer gerade wegen der sich steigernden alkohol­be­dingten Enthemmung damit rechnen musste, dass wegen der Notwendigkeit des nach Hause Kommens entweder er selbst oder der Freund sich an das Steuer des Fahrzeugs setzen würde, um nach Hause zu fahren. Somit habe es sich um eine von vornherein mögliche und vorhersehbare Fahrt gehandelt.

Versi­che­rungs­nehmer muss vor Alkoholgenuss klären, wie er sicher nach Hause kommen kann

Vor diesem Hintergrund hätte dafür Veranlassung bestanden, dass entweder der Versi­che­rungs­nehmer oder der Freund auf der Party keinen Alkohol zu sich nimmt oder Vorkehrungen dafür getroffen werden, die eine spätere Fahrt mit dem Fahrzeug unmöglich machen würden. Dazu hätte spätestens zu dem Zeitpunkt Veranlassung bestanden, als der Versi­che­rungs­nehmer feststellte, dass sich der Alkoholkonsum nicht auf einige wenige Getränke beschränken würde. Nichts­des­totrotz habe der Versi­che­rung­nehmer keinerlei entsprechenden Vorkehrungen getroffen.

Versicherung kann Leistung um 75 % kürzen

Aus diesem Grund bewertete das Gericht das grob schuldhafte Verhalten des Versi­che­rungs­nehmers als ein Verhalten im oberen Bereich grober Fahrlässigkeit, welches die Versicherung zu einer Kürzung der Versicherungsleistung in Höhe von 75 % berechtige. Insoweit werde berücksichtigt, dass gerade beim Alkoholkonsum im Zusammenhang mit dem Führen eines Pkw im Verkehr ein hohes Unfallrisiko mit hohem Ausmaß an Schäden bestehe und dies für den pflichtgemäß Handelnden auch erkennbar sei.

Versi­che­rungs­nehmer ist aber teilweise dadurch entlastet, dass er das Auto nicht selbst steuerte

Dass die Versicherung dennoch 25 % des Schadens erstatten müsse, liege allein daran, dass nicht der Versi­che­rungs­nehmer selbst den Wagen alkoholisiert gefahren sei, sondern er nur die Fahrt seinem Freund ermöglicht habe, nachdem dieser ihn gefragt habe, ob er nach Hause fahren solle. Dieses Verhalten des Versi­che­rungs­nehmers weise nicht ein derartiges Gewicht einer Pflicht­ver­letzung auf, die eine Leistungs­kürzung zu 100 % rechtfertigen würde.

Quelle: ra-online, Landgericht Bonn (vt/we)

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