Das Landgericht Bonn stellte auf das Fehlverhalten des Versicherungsnehmers ab, der seinen betrunkenen Freund fahren ließ. Hierzu führte das Gericht aus: Dass sich ein unter starker Alkoholeinwirkung stehender Kraftfahrer nicht mehr ans Steuer seines Fahrzeugs setzen darf, und dass er durch ein Fahren in fahruntüchtigem Zustand andere Verkehrsteilnehmer, sich selbst und sein Fahrzeug einer unverantwortlichen Gefährdung aussetzt, ist heute derart Allgemeingut, dass unbedenklich davon ausgegangen werden kann, dass bei fast jedem Kraftfahrer die Hemmschwelle für ein Fahren trotz alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit stark heraufgesetzt ist.
Das Gericht ließ die Frage dahingestellt, ob der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugschlüssels an den betrunkenen Freund noch habe erkennen können, dass dieser nicht fahrtüchtig war. Entscheidend sei vielmehr für die Annahme des subjektiven Verschuldens des Versicherungsnehmers, dass er zum Zeitpunkt des eigenen Alkoholgenusses noch zurechnungsfähig war. Dies bejahten die Richter. Er und sein Freund haben nach eigenen Angaben mit gegenseitiger Kenntnis viel Alkohol zu sich genommen.
Der Versicherungsnehmer sagte in dem Gerichtsprozess, dass er zusammen mit seinem Freund eine Party besucht habe und dort auch mitbekommen habe, dass der Freund alkoholische Getränke zu sich nahm. Dieser wiederum schilderte, dass meistens der Versicherungsnehmer selbst an die Theke gegangen sei und Bier für sie beide mitgebracht habe.
Das Gericht schloss daraus, dass der Versicherungsnehmer gerade wegen der sich steigernden alkoholbedingten Enthemmung damit rechnen musste, dass wegen der Notwendigkeit des nach Hause Kommens entweder er selbst oder der Freund sich an das Steuer des Fahrzeugs setzen würde, um nach Hause zu fahren. Somit habe es sich um eine von vornherein mögliche und vorhersehbare Fahrt gehandelt.
Vor diesem Hintergrund hätte dafür Veranlassung bestanden, dass entweder der Versicherungsnehmer oder der Freund auf der Party keinen Alkohol zu sich nimmt oder Vorkehrungen dafür getroffen werden, die eine spätere Fahrt mit dem Fahrzeug unmöglich machen würden. Dazu hätte spätestens zu dem Zeitpunkt Veranlassung bestanden, als der Versicherungsnehmer feststellte, dass sich der Alkoholkonsum nicht auf einige wenige Getränke beschränken würde. Nichtsdestotrotz habe der Versicherungnehmer keinerlei entsprechenden Vorkehrungen getroffen.
Aus diesem Grund bewertete das Gericht das grob schuldhafte Verhalten des Versicherungsnehmers als ein Verhalten im oberen Bereich grober Fahrlässigkeit, welches die Versicherung zu einer Kürzung der Versicherungsleistung in Höhe von 75 % berechtige. Insoweit werde berücksichtigt, dass gerade beim Alkoholkonsum im Zusammenhang mit dem Führen eines Pkw im Verkehr ein hohes Unfallrisiko mit hohem Ausmaß an Schäden bestehe und dies für den pflichtgemäß Handelnden auch erkennbar sei.
Dass die Versicherung dennoch 25 % des Schadens erstatten müsse, liege allein daran, dass nicht der Versicherungsnehmer selbst den Wagen alkoholisiert gefahren sei, sondern er nur die Fahrt seinem Freund ermöglicht habe, nachdem dieser ihn gefragt habe, ob er nach Hause fahren solle. Dieses Verhalten des Versicherungsnehmers weise nicht ein derartiges Gewicht einer Pflichtverletzung auf, die eine Leistungskürzung zu 100 % rechtfertigen würde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.05.2011
Quelle: ra-online, Landgericht Bonn (vt/we)