Dokument-Nr. 2765
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Landgericht Bielefeld Urteil02.06.2006
Richter stoppen Abmahnwelle gegen OnlineshopsAbmahnungen dienten der Gebührenschinderei
Wieder wurden zahlreiche Onlineshopanbieter abgemahnt. Diese Abmahnwelle wurde vom Landgericht Bielefeld vorläufig gestoppt.
Im Fall wehrte sich ein Onlineshop für Druckerzubehör gegen den abmahnenden IT-Händler Digital WorldNet. Bei der Angabe der Preise zu den einzelnen Produkten sei nicht angegeben, ob die Umsatzsteuer enthalten sei. Auch die Angaben zu den Versandkosten hätten sich nicht bei den einzelnen Produkten befunden, sondern nur in den AGB. In der Abmahnung hieß es, der Shop verstoße wegen der unzureichenden Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Versandkosten gegen § 1 PAngV und somit auch gegen § 4 Nr. 11 UWG. Der abgemahnte Shop sollte für die anwaltliche Abmahnung 756,09 EUR (1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 10.000,- EUR) zahlen.
Der abgemahnte Onlineshop akzeptierte die Abmahnung nicht und sprach vielmehr eine Gegenabmahnung aus und warf dem abmahnenden IT-Händler rechtmissbräuchliches Verhalten im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG vor. Der IT-Händler habe über seine Anwälte mindestens 600 Abmahnungen zu (angeblichen) Verstößen nach der PAngV versandt.
Die Richter führten aus, dass dem abmahnenden IT-Händler schon die so genannte Klagebefugnis fehle, da sein Vorgehen als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG zu bewerten sei. Rechtsmissbräuchlich handele ein Anspruchsberechtiger, wenn er mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzfähige Interessen verfolge und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Interessen sei dabei nicht erforderlich.
Rund 100 Abmahnungen habe der abgemahnte Onlineshop dem Gericht vorgelegt, die sämtlich die gerügten Verstöße betrafen. Es sei allerdings sehr fraglich, ob die geltend gemachten Unterlassungsansprüche überhaupt bestünden. Es sei nämlich zweifelhaft, ob die vermissten Angaben zur Umsatzsteuer geeignet wären, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (vgl. § 3 UWG). Auch die Frage zu den Versandkosten sei nicht so einfach zu klären. Die Ausführungen des BGH, Urt. v. 05.10.2005 ließen die Schlussfolgerung zu, Informationen über die Versandkosten müssten nicht notwendig in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Warenpreis erfolgen.
Da die vom IT-Händler geltend gemachten Unterlassungsansprüche zweifelhaft seien, wäre es ein "normales wettbewerbsrechtliches Verhalten" gewesen, exemplarisch einige Fälle herauszugreifen, um die aufgeworfenen Fragen gegebenenfalls einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen. Massenhaftes Vorgehen deute dagegen auf sachfremde Erwägungen hin, insbesondere darauf, dass das Verhalten darauf angelegt sei "möglichst viel an Gebühren, wie sie mit den Abmahnungen eingefordert wurden, zu erzielen".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.09.2006
Quelle: ra-online
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