Dokument-Nr. 23610
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- WuM 2016, 693Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2016, Seite: 693
- Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Beschluss20.09.2016, 33 M 8077/16
Landgericht Berlin Beschluss21.09.2016
Vorläufige Aussetzung einer Wohnungsräumung aufgrund Suizidgefahr des Mieters trotz RäumungsvergleichsSchutz von Leben und Gesundheit höher zu bewerten als Verstoß gegen Grundsatz von Treu und Glauben
Bestehen Anhaltspunkte für eine Suizidgefahr eines von einer Räumung betroffenen Wohnungsmieters, so kann die Räumungsvollstreckung zur Einholung eines ärztlichen Gutachtens vorläufig ausgesetzt werden. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Mieter trotz Kenntnis der Suizidgefahr durch einen Vergleich zur Räumung verpflichtet hat. Insofern ist der Schutz von Leben und Gesundheit höher zu bewerten als der Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2016 sollte die Wohnung eines Mieters geräumt werden. Dazu hatte er sich durch einen Räumungsvergleich verpflichtet. Nachträglich machte er aber geltend, dass er sich im Falle einer zwangsweisen Räumung selbst töten würde. Die Suizidgefahr des Mieters wurde durch einen Arztbrief eines Klinikums, einer Stellungnahme des sozialpsychiatrischen Dienstes eines Bezirksamtes sowie eines Arztes belegt. Das Amtsgericht Berlin Tempelhof-Kreuzberg hielt dies für unbeachtlich und verweigerte daher die vorläufige Aussetzung der Räumungsvollstreckung. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Mieters.
Vorläufige Aussetzung der Räumungsvollstreckung
Das Landgericht Berlin entschied zu Gunsten des Mieters und setzte daher die Räumungsvollstreckung vorläufig aus. Es ordnete zudem die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Klärung der behaupteten Suizidgefahr im Falle einer zwangsweisen Räumung an.
Anhaltspunkte für Suizidgefahr
Es könne nach Ansicht des Landgerichts nicht ausgeschlossen werden, dass bei dem Mieter im Falle der Räumung ernsthaft eine Selbstmordgefahr besteht. Zwar habe der Vermieter dies bestritten. Jedoch habe der Mieter genügend Anhaltspunkte für seine Behauptung vorgebacht. Mehr als hinreichende Anhaltspunkte seien aber nicht erforderlich, um die Einholung eines Gutachtens zu veranlassen.
Räumungsaussetzung trotz Räumungsvergleichs
Der Aussetzung der Räumungsvollstreckung stehe nach Auffassung des Landgerichts nicht entgegen, dass der Mieter trotz Kenntnis der Suizidgefahr sich durch einen Vergleich zur Räumung verpflichtet habe. Zwar sei der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Zwangsvollstreckungsverfahren zu beachten. Gegen diesen Grundsatz habe der Mieter auch verstoßen. Der Schutz von Leben und Gesundheit des Mieters habe aber Vorrang genossen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.12.2016
Quelle: Landgericht Berlin, ra-online (vt/rb)
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