18.10.2024
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Dokument-Nr. 158

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Landgericht Berlin Urteil07.02.2005

Urteil gegen ehemalige LBB-Vorstände wegen "Bilanzfälschung"

Die 26. große Strafkammer - Wirtschafts­kammer - des Landgerichts Berlin hat am 7. Februar 2005 den ehemaligen Vorstands­s­precher der Landesbank Berlin (LBB), Ulf-Wilhelm D. (59 Jahre), und das ehemalige Vorstands­mitglied Jochem Z. (62 Jahre) wegen Unrichtiger Darstellung (§§ 331 Nr. 1 und Nr. 4 - s. unten -, 340m Satz 1 des Handels­ge­setzbuchs) zu hohen Geldstrafen verurteilt.

Ulf-Wilhelm D. erhielt eine Gesamt­geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 300,00 Euro (90.000 Euro), Jochem Z. eine Gesamt­geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je 220,00 Euro (59.400 Euro).

Nach einer neun Monate dauernden Beweisaufnahme hat das Gericht festgestellt, dass die Angeklagten für unrichtige bzw. unvollständige Angaben in den Jahres­ab­sch­lüssen der LBB für die Jahre 1997, 1998 und 1999 verantwortlich sind.

In der Zeit von Dezember 1994 bis April 1997 stellten die Angeklagten als Vertreter der LBB die persönlich haftenden Gesellschafter der Weberbank Privatbankiers KGaA sowie die Komplementäre von insgesamt fünf Fonds­ge­sell­schaften der LBB unwiderruflich von der Haftung für Geschäfts­ver­bind­lich­keiten frei. Diese Freistellungen konnten für die LBB ein zusätzliches Risiko begründen, da sie den begünstigten Gesellschaftern die Möglichkeit einräumten, im Falle ihrer Inanspruchnahme durch Gesell­schafts­gläubiger die Haftung an die LBB weiterzureichen.

In der Urteils­be­gründung führte die Vorsitzende Richterin Dr. Karin Garz-Holzmann aus, die Freistel­lungs­er­klä­rungen und die damit verbundenen potentiellen Verbind­lich­keiten – im ungünstigsten Falle bis zu 7,5 Milliarden Euro - hätten in den jeweiligen Bilanzen der LBB für die Jahre 1997 bis 1999 berücksichtigt werden müssen, weil sie für die finanzielle Situation des Unternehmens von Bedeutung gewesen seien. Bilanzen hätten auch die Funktion, „vor nur möglichen Risiken zu warnen“. Die Angeklagten als verantwortliche Vorstands­mit­glieder haben dies jedoch bewusst verschwiegen, so die Vorsitzende Richterin. Auch LBB-intern seien diese Freistel­lungs­er­klä­rungen – im Gegensatz zu anderen über geringere Risiken – nicht dokumentiert worden.

Darüber hinaus legten die Angeklagten die Existenz der Freistel­lungs­er­klä­rungen weder den Abschluss­prüfern der LBB noch den beauftragten Wirtschafts­prüfern offen, wozu sie verpflichtet gewesen wären. Aufgrund dessen attestierten die Wirtschafts­prüfer die tatsächlich unvollständigen Jahres­ab­schlüsse der LBB für 1997, 1998 und 1999.

Zum Motiv der Angeklagten erklärte das Gericht, u. a. der „Marktauftritt der Weberbank“ sollte durch die Haftungs­frei­stellung seitens der LBB aufgewertet werden, die von der Freistellung betroffenen Gesellschafter seien zudem „gute Bekannte“ der Angeklagten gewesen.

Bei der Strafzumessung hat das Gericht zu Gunsten beider Angeklagter berücksichtigt, dass diese bisher unbestraft sind und aufgrund der Tatvorwürfe entlassen worden waren. Ebenfalls strafmildernd hat sich ausgewirkt, dass der LBB letztendlich kein wirtschaft­licher Schaden entstanden ist. Dem Angeklagten Jochem Z. hielt das Gericht darüber hinaus zu Gute, er habe bei der Aufklärung des Sachverhalts bereits im Ermitt­lungs­ver­fahren beigetragen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.

Erläuterungen
§ 331 Nrn. 1 und 4 Handels­ge­setzbuch:

Unrichtige Darstellung.

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

Nr. 1

als Mitglied des vertre­tungs­be­rech­tigten Organs oder des Aufsichtsrats einer Kapital­ge­sell­schaft die Verhältnisse der Kapital­ge­sell­schaft in der Eröff­nungs­bilanz, im Jahresabschluß, im Lagebericht oder im Zwische­n­ab­schluß (…) unrichtig wiedergibt oder verschleiert (…)

Nr. 4

als Mitglied des vertre­tungs­be­rech­tigten Organs einer Kapital­ge­sell­schaft oder als Mitglied des vertre­tungs­be­rech­tigten Organs oder als vertre­tungs­be­rech­tigter Gesellschafter eines ihrer Tochter­un­ter­nehmen (…) in Aufklärungen oder Nachweisen, die (…) einem Abschlussprüfer der Kapital­ge­sell­schaft, eines verbundenen Unternehmens oder des Konzerns zu geben sind, unrichtige Angaben macht oder die Verhältnisse der Kapital­ge­sell­schaft, eines Tochter­un­ter­nehmens oder des Konzerns unrichtig wiedergibt oder verschleiert.

Quelle: Pressemitteilung vom 07.02.2005

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