Landgericht Bayreuth Urteil10.09.2010
Unfallversicherung kommt für Sturz beim Schlafwandeln nicht aufPrivate Unfallversicherung schließt Versicherungsschutz für Unfälle infolge von Geistes- oder Bewusstseinsstörungen aus
Ist die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit, die eine erforderliche Reaktion auf eine vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulässt, durch eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung eingeschränkt, kann der Versicherungsschutz im Falle eines Unfalls ausgeschlossen sein. Die Rechtsgrundlage hierfür bildet eine entsprechende Klausel in den allgemeinen Versicherungsbedingungen. Das Landgerichts Bayreuth wies dementsprechend die Klage eines Geschädigten auf Schadensersatz gegen seine private Unfallversicherung ab.
Ein Versicherungsnehmer wollte einen Unfallschaden durch Schlafwandeln bei seiner Unfallversicherung geltend machen und gab an, beim Schlafwandeln gestolpert, aufgewacht und mit dem Kopf auf eine Tischkante gefallen zu sein. Durch den Vorfall habe er einen Hornhautriss am rechten Auge erlitten, welcher die Einschränkung seiner Sehkraft zur Folge hatte. Der Geschädigte forderte von seiner Versicherung die Zahlung einer Invaliditätsleistung in Höhe von 46.500 Euro. Die Versicherung lehnte die Zahlung ab und verwies auf die allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen, die einen Ausschluss des Schutzes für Unfälle infolge von Geistes- oder Bewusstseinsstörungen enthielten. Seinen Anspruch versuchte der Mann daraufhin gerichtlich durchzusetzen.
Kläger behauptet, er sei kurz vor dem Unfall erwacht
Vor Gericht gab der Geschädigte an, der Begriff des "Schlafwandelns" sei von ihm unwissender Weise geäußert worden. Tatsächlich sei er zum Unfallzeitpunkt bei Bewusstsein gewesen. Er sei aus dem Schlaf erwacht und habe infolge beruflicher Überarbeitung und Anspannung zunächst nicht realisiert, dass Sonntag gewesen sei und er wäre daher auf dem Weg in die Zimmer seiner Kinder gewesen, um diese für die Schule zu wecken.
Gericht sieht im Schlafwandeln die Unfallursache
Das Landgericht Bayreuth lehnte die Klage ab. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versicherungsschutzes seien vorliegend gegeben, da der Unfall auf das Schlafwandeln des Klägers zurückzuführen sei. Der Einwand des Klägers, er habe den Begriff in seiner ersten Aussage in Unkenntnis seiner eigentlichen Bedeutung verwendet und er wäre während des Unfalls bereits wach gewesen, wertete das Gericht eher als Versuch, die Ausschlussklausel der allgemeinen Versicherungsbedingungen zu umgehen.
Schlafwandeln fällt unter Sammelbegriff der Bewusstseinsstörung
Die Klausel in den Versicherungsbedingungen müsse nach Meinung des Gerichts eng ausgelegt werden, da es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse ankomme und darauf, wie er diese Klausel bei aufmerksamer Durchsicht zu verstehen in der Lage sei. Der Sinn der im vorliegenden Fall einschlägigen Klausel sei dem verständigen Versicherungsnehmer erkennbar. Schlafwandeln falle nach Meinung des Gerichts unter den Sammelbegriff der Bewusstseins- und Geistesstörungen im Sinne der Ausschlussklausel. Eine Bewusstseinsstörung setze demnach nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraus, es genüge vielmehr eine solche Beeinträchtigung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit, die eine erforderliche Reaktion auf eine vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulasse.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.01.2012
Quelle: ra-online, Landgericht Bayreuth (vt/st)