21.11.2024
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Dokument-Nr. 8706

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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil15.09.2009

Arbeitnehmer kann nach ehrverletzender Kündigung Abfindung verlangenFortsetzen des Arbeits­ver­hält­nisses nach erhobenen Vorwürfen nicht zumutbar

Ein Arbeitnehmer, der erfolgreich gegen eine sozialwidrige Kündigung klagt, kann die gerichtliche Auflösung seines Arbeits­ver­hält­nisses gegen Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn das Verhalten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit dem Ausspruch der Kündigung je nach den Umständen geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses zu begründen. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber durch Aufstellung völlig haltloser Kündi­gungs­gründe einer Pflegekraft jegliches Verant­wor­tungs­be­wusstsein abspricht. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein entschieden.

Die Klägerin war seit 1998 als Alten­pfle­ge­helferin in einer Senio­ren­wohn­anlage beschäftigt. Der Arbeitgeber warf der Klägerin vor, im September 2008 eine an Parkinson leidende Bewohnerin leichtfertig angerempelt und so zu Fall gebracht und anschließend nicht versorgt zu haben. Er kündigte daraufhin das Arbeits­ver­hältnis fristgerecht zum 31. Januar 2009. In der vorangegangenen Betrie­bs­rats­an­hörung berief er sich auf diese Vorwürfe und stellte abschließend fest, dass die Klägerin aufgrund des gezeigten Verhaltens auf einer Pflegestation zur Betreuung auch sehr kranker Bewohner nicht tragbar sei. Das Arbeitsgericht Lübeck hat der Kündi­gungs­schutzklage stattgegeben und auf Antrag der Klägerin das Arbeits­ver­hältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung blieb erfolglos.

Gericht stuft Verhalten des Arbeitgebers als sozialwidrig ein

Das Landes­a­r­beits­gericht stellte fest, dass die Kündigung wegen fehlender vorheriger Abmahnung sozialwidrig sei, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin seit 1998 beanstan­dungsfrei gearbeitet habe. Der Auflösungsantrag sei ebenfalls begründet. Auch wenn die Beklagte die Behauptung, die Klägerin habe die Bewohnerin „angerempelt“ oder „umgerannt“ inzwischen in „gestreift“ modifiziert habe und nunmehr vortrage, die Klägerin habe sich nicht „ausreichend“ um die Bewohnerin gekümmert, stünden die zuvor erhobenen Vorwürfe im Raum. Der Arbeitgeber habe die Klägerin der Verant­wor­tungs­lo­sigkeit bezichtigt, welches gerade für Mitarbeiter im Pflegebereich einen schweren Vorwurf darstelle. Bei derart extremen Vorwürfen, die in ihrer Intensität nicht aufrecht­er­halten werden könnten, sei zu befürchten, dass der Arbeitgeber in anderen Fällen ähnliche Verhal­tens­weisen zeigen werde. Vor diesem Hintergrund sei der Klägerin vorliegend nicht zuzumuten gewesen, das Arbeits­ver­hältnis fortzusetzen.

Quelle: ra-online, LAG Schleswig-Holstein

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