21.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 32696

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Landesarbeitsgericht Niedersachsen Urteil24.02.2023

LAG zur Benachteiligung bei der Stellen­be­setzung eines Gleich­stellungs­beauftragtenKeine Entschädigung für nicht-binäre Person wegen Ungleich­be­handlung

Das LAG hat entschieden, dass ein Verstoß gegen das Diskri­mi­nierungs­verbot nicht vorliegt, wenn eine Stelle ausschließlich für Personen weiblichen Geschlechts ausgeschrieben worden ist.

Die Beklagte – eine Hochschule – schrieb eine Stelle als Gleich­stel­lungs­be­auf­tragte aus. Das Nieder­säch­sische Hochschulgesetz (NHG) sieht für die Besetzung des Amtes der Gleich­stel­lungs­be­auf­tragten eine Frau vor. Der Kläger – der sich als keinem Geschlecht zugehörig ansieht – bewarb sich hierauf und beschrieb sich in seiner Bewerbung als nicht-binäre Person. Er wurde von der Hochschule für die Stellen­be­setzung nicht berücksichtigt. Die Hochschule sah sich durch § 42 NHG schon formell an der Einstellung einer nicht weiblichen Bewerberin gehindert. Das Arbeitsgericht Braunschweig hatte die Entschä­di­gungsklage abgewiesen.

Berufung trotz Ungleich­be­handlung erfolglos

Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landes­a­r­beits­gericht erfolglos. Der Kläger wurde gegenüber weiblichen Bewerberinnen ungleich behandelt. Die Ablehnung der Bewerbung des Klägers auch aufgrund seines Geschlechts ist nicht schon deshalb nach § 8 AGG zulässig, weil § 42 NHG die Besetzung des Amtes der Gleich­stel­lungs­be­auf­tragten mit einer Frau gebietet. Diese gesetzliche Beschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht des Stelleninhabers führt nicht zwingend zur Rechtfertigung einer auf sie gestützten Maßnahme. Diese ist ihrerseits nur wirksam, wenn bezüglich des geregelten Sachverhalts u.a. die Vorgaben nach § 8 AGG inhaltlich erfüllt sind.

Unter­schiedliche Behandlung wegen des Geschlechts kann zulässig sein

Danach ist eine unter­schiedliche Behandlung u.a. wegen des Geschlechts zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Dementsprechend kann das Geschlecht nur dann iSd. § 8 Abs. 1 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung bilden, wenn die Tätigkeit ohne das Merkmal jedenfalls nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Abzustellen ist auf die konkret vom Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit, die sich nach dem vom Arbeitgeber festgelegten Unter­neh­mens­konzept richtet.

Weibliches Geschlecht ist unverzichtbare Voraussetzung

Dies ist vorliegend nach dem Stellen- und Aufga­ben­zu­schnitt der Beklagten zu bejahen. Zur Erbringung eines Teils der der Gleich­stel­lungs­be­auf­tragten obliegenden Tätigkeiten ist das weibliche Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung. Zwar kann ein Mann grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleich­be­rech­tigung von Männern und Frauen mitwirken und Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln. Das gilt aber nach der Stellenanzeige der Beklagten nicht für einen nicht nur unerheblichen Teil der Aufgaben.

Notwendigkeit weiblicher Geschlechts­zu­ge­hö­rigkeit hier nicht diskriminierend

Nach der Stellenanzeige der Beklagten und dem beschriebenen Aufgabenbereich berät die Gleich­stel­lungs­be­auf­tragte u.a. Hochschul­an­ge­hörige in allen Fragen der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Studium und Beruf mit Familien- und Care-Aufgaben sowie in Fällen von Diskriminierung, sexueller Belästigung etc.. Die Gleich­stel­lungs­be­auf­tragte dient danach insbesondere als Ansprech­partnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind. Insoweit ist davon auszugehen, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechts­zu­ge­hö­rigkeit zur Authentizität der Aufga­ben­wahr­nehmung legitim sind und ihnen kein diskri­mi­nie­render Charakter innewohnt.

Revision nicht zugelassen

Gleiches gilt, wenn ein Vertrau­ens­ver­hältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und dieses erfordert, dass der fragliche Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört, wie dies der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden. Vor diesem Hintergrund konnte die Hochschule den Bewerberkreis für das Amt der Gleich­stel­lungs­be­auf­tragten im Ergebnis auf Frauen beschränken. Die Revision gegen das Urteil hat die Kammer nicht zugelassen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, ra-online (pm/ab)

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