24.11.2024
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Landesarbeitsgericht Köln Urteil14.02.2006

Entgelt­fort­zah­lungs­an­spruch auch nach Verletzung durch SchlägereiKein Verschulden, da angemessene Reaktionen des Opfers

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgelt­fort­zah­lungs­gesetz muss ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der wegen einer Krankheit arbeitsunfähig ist, für die Zeit der Arbeits­un­fä­higkeit bis zur Dauer von sechs Wochen den Lohn oder das Gehalt weiterzahlen, wenn den Arbeitnehmer an der Arbeits­un­fä­higkeit kein Verschulden trifft. Das Landes­a­r­beits­gericht Köln hatte nun über die Frage zu entscheiden, ob und wann ein solches Verschulden vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer in einer tätlichen Ausein­an­der­setzung verletzt worden ist.

Das Gericht ist davon ausgegangen, dass ein Verschulden des Arbeitnehmers im Sinne des § 3 EFZG dann vorliegt, wenn sich sein Verhalten als gröblicher Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten darstellt. Nach dem Urteil gibt es keinen Erfahrungssatz, dass die Teilnahme an einer Schlägerei in der Regel selbst verschuldet ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Arbeitnehmer eine tätliche Ausein­an­der­setzung selbst begonnen oder sie provoziert hat.

Das hat das Landes­a­r­beits­gericht in einem Fall verneint, in dem eine Arbeitnehmerin von ihrem früheren Ehemann verletzt worden war. Nach Darstellung der verletzten Arbeitnehmerin, die das Landes­a­r­beits­gericht zugrunde gelegt hat, hatte sich der Fall so zugetragen:

Die Arbeitnehmerin saß auf einem Balkon, als ihr früherer Ehemann sie von der Straße aus wahrnahm, ihr vorwarf, ihn nicht beachtet zu haben und sie per SMS beleidigte. Die Arbeitnehmerin ging daraufhin zu ihm und forderte ihn auf, solche Mitteilungen zu unterlassen. Der Mann beschimpfte sie und drohte mit Schlägen, falls sie nicht verschwinde. Als die Arbeitnehmerin in das Haus zurückging, folgte der Mann ihr und drohte ihr an, sie zu schlagen. Als sie ihm entgegnete, er solle sich jemand anderen suchen, wenn er sich schlagen wolle, griff er ihr an den Hals und stieß sie mit ihrem Kopf gegen den Rahmen der Haustür. Bei dem Versuch, ihn von sich wegzudrücken, kratzte sie ihn im Gesicht. Darauf folgten Tritte des Mannes und schließlich, als die Arbeitnehmerin sich zu ihm hinwandte, ein so starker Schlag gegen den Kopf, dass sie gegen die Flurwand prallte und auf den Boden fiel.

Die Arbeitgeberin war der Auffassung, die Arbeitnehmerin treffe ein Verschulden deshalb, weil diese ihren früheren Ehemann provoziert habe, statt ihm von vornherein aus dem Weg zu gehen. Auch durch das Kratzen im Gesicht habe sie die weiteren Tätlichkeiten ihres früheren Ehemannes provoziert, die letztlich zu der Verletzung führten.

Dem ist das Landes­a­r­beits­gericht nicht gefolgt und hat die Arbeitgeberin zur Zahlung des Lohnes für die Zeit der Arbeits­un­fä­higkeit verurteilt. Die Arbeitnehmerin habe sich auf angemessene Reaktionen beschränkt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LAG Köln vom 14.06.2006

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