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Landesarbeitsgericht Köln Urteil27.10.2008
Mitarbeiter geohrfeigt: Vorgesetzter muss 800 Euro Schmerzensgeld für Ohrfeige zahlenZur Schmerzensgeldbemessung bei einer Ohrfeige ohne weitere Verletzungsfolgen durch den vorgesetzten Schichtleiter eines Sicherheitsdienstes
In einem Schmerzensgeldverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Köln wurde einem Arbeitnehmer ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 Euro gegen seinen vorgesetzten Schichtleiter zugesprochen. Dieser Schichtleiter hatte ihm während des Dienstes im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung über seine Arbeitspflichten eine Ohrfeige verpasst.
Zwischen dem als Sicherheitskraft beschäftigten Arbeitnehmer - dem Kläger - und seinem Schichtleiter - dem Beklagten - kam es während des Dienstes zu verbalen Auseinandersetzungen darüber, ob der Beklagte überhaupt weisungsbefugt sei. Dies endete damit, dass der Beklagte dem Kläger eine Ohrfeige versetzte.
Kläger konnte Verletzungsfolgen nicht nachweisen
Dabei blieb vor Gericht streitig, ob der Beklagte lediglich mit seiner Hand zugeschlagen hatte, oder - wie vom Kläger behauptet - beim Schlag einen Verband um seine Hand hielt, unter der sich eine Schließerkette befand. Ferner stritten sich die Parteien über die Verletzungsfolgen. Der Kläger behauptete, durch den Schlag eine HWS-Distorsion, Schädelprellung, ein Hämatom mit Hautabschürfungen an der Wange und eine Lippenschwellung erlitten zu haben. Dies konnte er jedoch nicht nachweisen.
Auch "einfache" Ohrfeige mit flacher Hand ist Körperverletzung
Das Landesarbeitsgericht unterstellte zugunsten des Beklagten, das dieser die Ohrfeige ohne einen Gegenstand in der Hand ausgeführt und dass es sich nur um einen einzigen Schlag mit der flachen Hand gehandelt habe. Dazu führte das Gericht aus, dass auch ein solcher Schlag mit der flachen Hand gegen den Kopf einer anderen Person eine Körperverletzung darstelle. Dazu bedürfe es keiner Gesundheitsbeeinträchtigung. Eine Körperverletzung liege auch bei einer körperlichen Misshandlung vor. Unabhängig von möglichen Verletzungsfolgen stelle eine Ohrfeige bereits die tatbestandliche Körperverletzung dar.
Griff ans Revers rechtfertigt keine Ohrfeige als Notwehrhandlung
Das Argument des Beklagten, sich mit dem Schlag lediglich gegen den Kläger verteidigt und damit gerechtfertigt gehandelt zu haben, wies das Gericht zurück. Der Beklagte selbst hatte vorgetragen, dass der Kläger ihn am Revers gepackt und festgehalten habe. Darauf aber, so das Gericht, sei der Schlag keine adäquate Verteidigungsreaktion, da es genügt hätte, die Hände des Klägers zu ergreifen und vom Revers zu lösen. Die körperliche Gewalt sei zur Verteidigung nicht notwendig gewesen.
Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes bei vorsätzlicher Tat
Bei der Schmerzensgeldbemessung berücksichtigte das Gericht die doppelte Funktion des Schmerzensgeldes - nämlich einerseits dem Verletzten Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden zu verschaffen, und andererseits seiner Genugtuung zu dienen. Bei Vorsatztaten komme der Genugtuungsfunktion besonderes Gewicht zu.
Im vorliegenden Fall komme zum Tragen, dass es sich auch bei Außerachtlassung der vom Kläger behaupteten Verletzungsfolgen um eine vorsätzliche Körperverletzung in Form der Ohrfeige handelte. Diese habe beim Kläger zumindest erhebliche Schmerzen ausgelöst.
Vorbildfunktion des Vorgesetzten
Das Gericht wertete es auch als entscheidenden Gesichtspunkt, dass der Beklagte diese vorsätzliche Verletzungshandlung in seiner Rolle als Vorgesetzter beging. Er nehme für sich in Anspruch, Nachtschichtleiter gewesen zu sein. Als Vorgesetzter hatte er deshalb eine Vorbildfunktion. Als Vorgesetzter durfte er nicht den Eindruck aufkommen lassen, innerbetriebliche Konflikte mit körperlicher Gewalt zu lösen. Erst recht konnte er nicht selbst vorsätzlich zu körperlicher Gewalt greifen, um einen Konflikt mit einem ihm unterstellten Mitarbeiter zu lösen.
Auch sei es für einen Mitarbeiter besonders demütigend, von einem Vorgesetzten aufgrund einer Auseinandersetzung über die Art und Weise der Arbeitserbringung geschlagen zu werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.06.2016
Quelle: Landesarbeitsgericht Köln, ra-online (vt/we)
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