21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Köln Urteil27.10.2008

Mitarbeiter geohrfeigt: Vorgesetzter muss 800 Euro Schmerzensgeld für Ohrfeige zahlenZur Schmer­zens­geld­be­messung bei einer Ohrfeige ohne weitere Verlet­zungs­folgen durch den vorgesetzten Schichtleiter eines Sicher­heits­dienstes

In einem Schmer­zens­geld­ver­fahren vor dem Landes­a­r­beits­gericht Köln wurde einem Arbeitnehmer ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 Euro gegen seinen vorgesetzten Schichtleiter zugesprochen. Dieser Schichtleiter hatte ihm während des Dienstes im Rahmen einer verbalen Ausein­an­der­setzung über seine Arbeits­pflichten eine Ohrfeige verpasst.

Zwischen dem als Sicher­heitskraft beschäftigten Arbeitnehmer - dem Kläger - und seinem Schichtleiter - dem Beklagten - kam es während des Dienstes zu verbalen Ausein­an­der­set­zungen darüber, ob der Beklagte überhaupt weisungsbefugt sei. Dies endete damit, dass der Beklagte dem Kläger eine Ohrfeige versetzte.

Kläger konnte Verlet­zungs­folgen nicht nachweisen

Dabei blieb vor Gericht streitig, ob der Beklagte lediglich mit seiner Hand zugeschlagen hatte, oder - wie vom Kläger behauptet - beim Schlag einen Verband um seine Hand hielt, unter der sich eine Schließerkette befand. Ferner stritten sich die Parteien über die Verlet­zungs­folgen. Der Kläger behauptete, durch den Schlag eine HWS-Distorsion, Schädelprellung, ein Hämatom mit Hautab­schür­fungen an der Wange und eine Lippen­schwellung erlitten zu haben. Dies konnte er jedoch nicht nachweisen.

Auch "einfache" Ohrfeige mit flacher Hand ist Körper­ver­letzung

Das Landes­a­r­beits­gericht unterstellte zugunsten des Beklagten, das dieser die Ohrfeige ohne einen Gegenstand in der Hand ausgeführt und dass es sich nur um einen einzigen Schlag mit der flachen Hand gehandelt habe. Dazu führte das Gericht aus, dass auch ein solcher Schlag mit der flachen Hand gegen den Kopf einer anderen Person eine Körperverletzung darstelle. Dazu bedürfe es keiner Gesund­heits­be­ein­träch­tigung. Eine Körper­ver­letzung liege auch bei einer körperlichen Misshandlung vor. Unabhängig von möglichen Verlet­zungs­folgen stelle eine Ohrfeige bereits die tatbestandliche Körper­ver­letzung dar.

Griff ans Revers rechtfertigt keine Ohrfeige als Notwehrhandlung

Das Argument des Beklagten, sich mit dem Schlag lediglich gegen den Kläger verteidigt und damit gerechtfertigt gehandelt zu haben, wies das Gericht zurück. Der Beklagte selbst hatte vorgetragen, dass der Kläger ihn am Revers gepackt und festgehalten habe. Darauf aber, so das Gericht, sei der Schlag keine adäquate Vertei­di­gungs­re­aktion, da es genügt hätte, die Hände des Klägers zu ergreifen und vom Revers zu lösen. Die körperliche Gewalt sei zur Verteidigung nicht notwendig gewesen.

Genug­tu­ungs­funktion des Schmer­zens­geldes bei vorsätzlicher Tat

Bei der Schmer­zens­geld­be­messung berücksichtigte das Gericht die doppelte Funktion des Schmer­zens­geldes - nämlich einerseits dem Verletzten Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden zu verschaffen, und andererseits seiner Genugtuung zu dienen. Bei Vorsatztaten komme der Genug­tu­ungs­funktion besonderes Gewicht zu.

Im vorliegenden Fall komme zum Tragen, dass es sich auch bei Außer­acht­lassung der vom Kläger behaupteten Verlet­zungs­folgen um eine vorsätzliche Körper­ver­letzung in Form der Ohrfeige handelte. Diese habe beim Kläger zumindest erhebliche Schmerzen ausgelöst.

Vorbildfunktion des Vorgesetzten

Das Gericht wertete es auch als entscheidenden Gesichtspunkt, dass der Beklagte diese vorsätzliche Verlet­zungs­handlung in seiner Rolle als Vorgesetzter beging. Er nehme für sich in Anspruch, Nacht­schicht­leiter gewesen zu sein. Als Vorgesetzter hatte er deshalb eine Vorbildfunktion. Als Vorgesetzter durfte er nicht den Eindruck aufkommen lassen, inner­be­triebliche Konflikte mit körperlicher Gewalt zu lösen. Erst recht konnte er nicht selbst vorsätzlich zu körperlicher Gewalt greifen, um einen Konflikt mit einem ihm unterstellten Mitarbeiter zu lösen.

Auch sei es für einen Mitarbeiter besonders demütigend, von einem Vorgesetzten aufgrund einer Ausein­an­der­setzung über die Art und Weise der Arbeits­er­bringung geschlagen zu werden.

Quelle: Landesarbeitsgericht Köln, ra-online (vt/we)

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