Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss09.09.2011
LAG Berlin-Brandenburg: Anordnung zur Videoüberwachung in Spielcasinos nur bei dringendem Tatverdacht gegen Arbeitnehmer zulässigLive-Betrachtung und Auswertung von Aufnahmen nur im Ausnahmefall widerspricht Absicht des Gesetzgebers Spielbetriebe durchgängig zu kontrollieren
Für die Einführung und Anwendung visueller Überwachungseinrichtungen gemäß § 10 a in Spielcasinos ist nach § 87 BetrVG die zwingende Mitbestimmung des Betriebsrats notwendig. Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht, entscheidet eine betriebliche Einigungsstelle. Diese kann jedoch nicht festlegen, dass der Arbeitgeber nur eine Live-Betrachtung vornehmen und die Aufzeichnungen in Bezug auf einen Arbeitnehmer auswerten darf, wenn gegen diesen bereits der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung besteht. Dies geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg hervor.
Ein Spielbankunternehmer hat nach § 10 a Spielbankengesetz Berlin visuelle Überwachungsmaßnahmen durch laufende videotechnische Aufzeichnungen und Speicherung des Geschehens in den Spielsälen, an den Spieltischen und Spielautomaten, im Kassenbereich und in den Zählräumen durchzuführen; dabei sollen die beteiligten Personen grundsätzlich erkennbar sein. Die Einführung und Anwendung derartiger technischer Überwachungseinrichtungen unterliegt zudem nach § 87 BetrVG der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats. Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht, entscheidet eine betriebliche Einigungsstelle unter Vorsitz eines unabhängigen Vorsitzenden.
Einigungsstelle hält Aufzeichnungen zu Arbeitnehmern nur bei bereits vorliegendem dringenden Verdacht einer strafbaren Handlung für zulässig
Im vorliegenden Fall hatte die Einigungsstelle festgelegt, dass der Arbeitgeber nur eine Live-Betrachtung vornehmen und die Aufzeichnungen in Bezug auf einen Arbeitnehmer auswerten darf, wenn gegen diesen bereits der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung besteht.
Betriebliche Einigungsstelle überschreitet den ihr zustehenden Ermessensspielraum
Mit dieser Regelung hat die Einigungsstelle nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg den ihr zustehenden Ermessensspielraum überschritten. Der Gesetzgeber habe durch die vorgesehene Videoüberwachung sicherstellen wollen, dass der Spielbetrieb durchgängig kontrolliert werden könne. Eine betriebliche Regelung, die eine Live-Betrachtung und Auswertung der Aufnahmen nur im Ausnahmefall zulasse, widerspreche dieser Absicht des Gesetzgebers in unzulässiger Weise; sie sei deshalb unwirksam.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.09.2011
Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg/ra-online