18.10.2024
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Dokument-Nr. 30737

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Beschluss24.06.2021Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg21 BVL 5001/21
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Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss24.06.2021

Gewerkschaft ver.di tariffähig auch für Pflege außerhalb von KrankenhäusernLG Berlin-Brandenburg zur Tariffähigkeit einer Gewerkschaft

Das Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg hat Anträge des Arbeit­ge­ber­ver­bandes Pflege e.V. zur Feststellung fehlender Tariffähigkeit der Gewerkschaft ver.di zurückgewiesen. Im Arbeit­ge­ber­verband Pflege e.V. (AGVP) haben sich private Pflege­un­ter­nehmen zusam­men­ge­schlossen. Daneben bestehen weitere Arbeit­ge­ber­verbände der Pflegebranche, unter anderem die Bundes­ver­ei­nigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP). Die Gewerkschaft ver.di hat am 1. Februar 2021 mit dem BVAP einen Tarifvertrag über Minde­st­a­r­beits­be­din­gungen in der Pflegebranche abgeschlossen. Angestrebt wurde eine Allge­mein­ver­bind­li­ch­er­klärung dieses Tarifvertrages nach § 7 a Arbeitnehmer-Entsendegesetz, zu der es wegen der fehlenden Zustimmung der Caritas nicht kam.

Mit seinem noch während der Ausein­an­der­set­zungen über die mögliche Allge­mein­ver­bind­lichkeit dieses Tarifvertrages beim Landes­a­r­beits­gericht eingereichten Antrag hat der AGVP eine fehlende Tariffähigkeit der Gewerkschaft ver.di für Pflegebetriebe, die Pflege­leis­tungen außerhalb von Krankenhäusern erbringen, geltend gemacht. Zur Begründung hat der AGVP ausgeführt, jedenfalls wegen der heterogenen Zuständigkeit von ver.di sei für die Prüfung der Tariffähigkeit auf die einzelnen Branchen abzustellen. In der Pflegebranche verfüge ver.di nicht über die für eine Tariffähigkeit erforderliche Durch­set­zungs­fä­higkeit. Die Lage in der Pflegebranche unterscheide sich hier von der Lage in Krankenhäusern. Im Laufe des Verfahrens hat der AGVP hilfsweise die Tariffähigkeit von ver.di insgesamt infrage gestellt. Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Anträge zurückgewiesen.

Keine auf einzelne Bereiche beschränkte Tariffähigkeit einer Arbeit­neh­mer­ver­ei­nigung

Zur Begründung hat das Landes­a­r­beits­gericht ausgeführt, Voraussetzung für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung sei, dass sie sozial mächtig und von ihrem organi­sa­to­rischen Aufbau her in der Lage sei, die ihr gestellten Aufgaben einer Tarif­ver­trags­partei zu erfüllen. Abzustellen sei auf die Durch­set­zungskraft und organi­sa­to­rische Leistungs­fä­higkeit in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von der Arbeit­neh­mer­ver­ei­nigung beanspruchten Zustän­dig­keits­be­reichs. Es gebe keine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit. Vielmehr sei die Tariffähigkeit einer Arbeit­neh­mer­ver­ei­nigung für den beanspruchten Zustän­dig­keits­bereich einheitlich zu beurteilen. Es sei davon auszugehen, dass eine in erheblichen Teilen des von ihr beanspruchten Zustän­dig­keits­be­reichs durch­set­zungs­fähige Arbeit­neh­mer­ver­ei­nigung sich auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durch­set­zungskraft fehle, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeit­ge­berseite unterwerfe.

Fehlende Durch­set­zungskraft in der Pflegebranche führt nicht zur Tarif­un­fä­higkeit als Gesam­t­or­ga­ni­sation

Daher habe eine etwa fehlende Durch­set­zungskraft von ver.di im Bereich der Pflegebranche für sich genommen auch nicht zur Folge, dass ver.di insgesamt tarifunfähig sei. Als Gesam­t­or­ga­ni­sation sei ver.di im Sinne der Anforderungen an die soziale Mächtigkeit offensichtlich organisations- und durch­set­zungsfähig sowie in der Lage, hinreichenden Druck auf den sozialen Gegenspieler aufzubauen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/aw)

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