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31.01.2025  
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Dokument-Nr. 34746

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Beschluss15.10.2024Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg11 TaBV 295/24
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss15.10.2024

Am Flughafen stationierte Arbeitnehmer einer ausländischen Flugge­sell­schaft können einen Betriebsrat gründenStati­o­nie­rungsort BER ist eine betrie­bs­rats­fähige Organi­sa­ti­o­ns­einheit

Das Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass es sich bei einem inländischen Stati­o­nie­rungsort einer Flugge­sell­schaft mit Sitz im europäischen Ausland um eine betrie­bs­rats­fähige Organi­sa­ti­o­ns­einheit handelt, in der ein Betriebsrat nach den Regelungen des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes gewählt werden kann. Das Landes­a­r­beits­gericht wies den Antrag des Unternehmens, das in Deutschland unter der Tochter­ge­sell­schaft Malta Air firmiert, ab. In der Entscheidung ging es um die Frage, ob der Standort von Ryanair am BER ein selbstständiger und damit betrie­bs­rats­fähiger Betriebsteil der Flugge­sell­schaft ist, die ihren Hauptsitz in Dublin in Irland hat.

Die antragstellende Fluggesellschaft hat ihren Sitz in Malta und ihre Konzernzentrale in Irland. Sie führt unter maltesischer Fluglizenz Flüge von und zu Flughäfen in europäischen Staaten durch und unterhält unter anderem am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) einen Stati­o­nie­rungsort. Unter Einsatz elektronischer Kommu­ni­ka­ti­o­ns­mittel lenkt die Flugge­sell­schaft sämtliche dem BER als Heimatbasis zugeordnete Cockpit- und Kabinen­be­schäftigte in personellen und sozialen Angelegenheiten sowie disziplinarisch von Malta und Irland aus. Am BER sind ein Base Captain für die Beschäftigten im Cockpit und eine Base Supervisorin für die Kabinen­be­schäf­tigten tätig, die neben ihren Tätigkeiten als Pilot bzw. Flugbegleiterin als lokale Ansprechpartner fungieren. Diese Funktion üben sie sowohl für Flugauf­sichts­be­hörden und Flugha­fen­be­treiber als auch für die am BER Beschäftigten der Flugge­sell­schaft aus.

Bisher kein Betriebsrat am Stati­o­nie­rungsort BER

Am Stati­o­nie­rungsort BER existiert bisher weder ein Betriebsrat noch eine durch Tarifvertrag gebildete Perso­na­l­ver­tretung. Eine einstweilige Verfügung der Flugge­sell­schaft auf vorläufige Untersagung der Wahl eines Wahlvorstands zur Vorbereitung einer Betrie­bs­ratswahl war im Jahr 2023 vor dem Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg gescheitert. Im März 2023 und Februar 2024 wurde ein Wahlvorstand gewählt.

Flugge­sell­schaft sieht den Stati­o­nie­rungsort BER nicht als betrie­bs­rats­fähige Organisation an

Die Flugge­sell­schaft hat die Feststellung beantragt, dass der Stati­o­nie­rungsort BER keine betrie­bs­rats­fähige Organisation im Sinne des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes darstelle. Sie ist davon ausgegangen, dass wegen der europaweiten Leitung des Unternehmens einschließlich der Perso­na­l­ab­teilung aus Malta und der europaweiten Einsatzplanung durch die Konzernzentrale in Irland in Deutschland und auch am BER keine Personen mit Leitungs­be­fug­nissen in personellen und sozialen Angelegenheiten tätig seien. Deshalb fehle es am BER an einer betrie­bs­rats­fähigen Organi­sa­ti­o­ns­einheit mit einem Mindestmaß an organi­sa­to­rischer Selbständigkeit. Ein betrie­bs­rats­fähiger Betriebsteil scheitere auch daran, dass kein im Inland und damit im Geltungsbereich des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes liegender Hauptbetrieb existiere. Außerdem sei die Wahl mehrerer Mitglieder und Ersatz­mit­glieder des Wahlvorstands unwirksam.

Die am Verfahren beteiligte Gewerkschaft und der Wahlvorstand gehen von einem betrie­bs­rats­fähigen Betriebsteil am BER aus, in dem bei zutreffender Auslegung des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes ohne Erfordernis eines inländischen Hauptbetriebes ein Betriebsrat gewählt werden könne. Das erforderliche Mindestmaß an organi­sa­to­rischer Selbständigkeit werde durch die fachlich vorgesetzten Base Captain und Base Supervisorin gewährleistet, die Weisungen gegenüber den Beschäftigten in Cockpit und Kabine erteilten bzw. durch Informationen an die Zentrale vorbereiteten.

Arbeitsgericht Cottbus geht von Betrie­bs­rats­fä­higkeit des Stati­o­nie­rungsorts BER aus

Das Arbeitsgericht Cottbus hatte die Anträge der Flugge­sell­schaft zurückgewiesen. Es ist von der Betrie­bs­rats­fä­higkeit des Stati­o­nie­rungsorts BER und von der Wirksamkeit der Wahlen ausgegangen. Gegen diese Entscheidung hat die Flugge­sell­schaft Beschwerde eingelegt.

Auch das Landes­a­r­beits­gericht sieht den Stati­o­nie­rungsort BER als eine betrie­bs­rats­fähige Organisation

Das Landes­a­r­beits­gericht hat entschieden, dass am Stati­o­nie­rungsort BER eine betrie­bs­rats­fähige Organisation bestehe, in der ein Betriebsrat gewählt werden könne. Der Stati­o­nie­rungsort BER sei als Betriebsteil im Sinne des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes zu beurteilen, der räumlich weit von dem im Ausland gelegenen Hauptbetrieb entfernt sei. Mit den von Base Captain und Base Supervisorin ausgeübten Tätigkeiten werde ein Mindestmaß an organi­sa­to­rischer Selbständigkeit gewahrt, weil es in ihrem pflichtgemäßen Ermessen liege, Beschäftigte auf Verstöße hinzuweisen oder diesbezügliche Informationen an Konzernzentrale oder Perso­na­l­ab­teilung weiterzuleiten. Durch Hinweise an die Beschäftigten, etwa zur Pflicht zum pünktlichen Erscheinen oder zur Einhaltung der Kleidungs­vor­schriften, erteilten sie faktisch Weisungen mit dem Ziel, ein Fehlverhalten von Beschäftigten abzustellen. Damit liege ein qualifizierter Betriebsteil im Sinne des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes vor, in dem ein Betriebsrat gewählt werden könne. Ein im Inland gelegener Hauptbetrieb sei insoweit nicht zwingend erforderlich. Jedenfalls sei die Regelung zur Betrie­bs­rats­fä­higkeit von Betriebsteilen bei Flugge­sell­schaften mit Sitz und Hauptbetrieb im Ausland entsprechend anzuwenden. Dies sei Folge der gesetz­ge­be­rischen Entscheidung aus dem Jahr 2018, dass bei Flugge­sell­schaften Betriebsräte gewählt werden könnten, sofern kein Tarifvertrag zur Bildung von Perso­na­l­ver­tre­tungen zustande komme.

Hinsichtlich der Angriffe der Flugge­sell­schaft gegen die Wirksamkeit der Wahl mehrerer Mitglieder und Ersatz­mit­glieder des Wahlvorstands hat das Landes­a­r­beits­gericht der Beschwerde stattgegeben. Bei der Wahl im März 2023 sei bei einzelnen Gewählten die erforderliche Mehrheit der Stimmen nicht erzielt worden. Die Wahl von Februar 2024 sei unwirksam, weil bereits der Wahlort in einer Entfernung von etwa 25 km vom BER in den Räumen der Gewerkschaft nicht zulässig gewählt worden sei und nicht auszuschließen sei, dass Wahlberechtigte aufgrund dieser Entfernung von einer Wahlteilnahme abgesehen hätten. Beide Wahlen seien zwar nicht nichtig, aber anfechtbar und damit unwirksam.

Das Landes­a­r­beits­gericht hat für die Flugge­sell­schaft und für den Wahlvorstand die Revision zum Bundes­a­r­beits­gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der maßgeblichen Rechtsfragen zugelassen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

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