18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 25111

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Beschluss30.06.2015Kammergericht Berlin9 W 5/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2015, 944Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 944
  • NJW-RR 2016, 346Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 346
  • StV 2017, 256Zeitschrift: Der Strafverteidiger (StV), Jahrgang: 2017, Seite: 256
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Vorinstanz:
  • Landgericht Berlin, Beschluss03.12.2013, 28 O 184/13
ergänzende Informationen

Kammergericht Berlin Beschluss30.06.2015

Haftung des Bundes und des Landes wegen Verstoßes gegen Europäische Menschen­rechts­konvention infolge unzulässiger Verlängerung der Sicherungs­verwahrungBetroffenem steht Anspruch auf Entschädigung nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zu

Die unzulässige Verlängerung einer bereits seit zehn Jahren bestehenden Sicherungs­verwahrung aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und andere gefährlichen Straftaten vom Januar 1998 begründet ein Anspruch auf Entschädigung gemäß Art. 5 Abs. 5 der Europäischen Menschen­rechts­konvention (EMRK). Die Haftung trifft dabei nicht nur das Gesetz vollziehende Land, sondern auch den Bund als Gesetzgeber. Dies hat das Kammergericht Berlin entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall beabsichtigte der Betroffene einer aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und andere gefährlichen Straftaten vom Januar 1998 über zehn Jahre hinaus verlängerten Sicherungsverwahrung sowohl gegen das Land Berlin als auch gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage auf Zahlung einer Entschädigung zu erheben. Er beantragte diesbezüglich die Gewährung von Prozess­kos­tenhilfe.

Landgericht lehnte Gewährung von Prozess­kos­tenhilfe ab

Das Landgericht Berlin lehnte den Antrag auf Gewährung von Prozess­kos­tenhilfe ab. Seiner Ansicht nach sei eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland aufgrund der unzulässigen Verlängerung der Siche­rungs­ver­wahrung unzulässig. Es sei lediglich das die Siche­rungs­ver­wahrung vollziehende Land Berlin haftbar zu machen. Gegen diese Entscheidung legte der Betroffene sofortige Beschwerde ein.

Kammergericht hält Klage gegen Bund für zulässig

Das Kammergericht Berlin entschied zu Gunsten des Betroffenen und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Die Klage des Betroffenen habe hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ihm stehe aufgrund der unzulässigen Verlängerung der Siche­rungs­ver­wahrung gemäß Art. 5 Abs. 5 EMRK ein Anspruch auf Entschädigung gegen die Bundesrepublik Deutschland zu.

Gemeinsame Haftung des Landes und des Bundes

Nach Auffassung des Kammergerichts hafte der Bund neben dem die Siche­rungs­ver­wahrung vollziehenden Land gemäß § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner. Denn mit ihrer Gesetzgebung zur möglichen Verlängerung der Siche­rungs­ver­wahrung habe die Bundesrepublik Deutschland durch ihre an der Gesetzgebung mitwirkenden Amtsträgern die rechtlichen Voraussetzungen für den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 und 7 Abs. 1 EMRK geschaffen. Nicht nur die Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung durch die Gerichte der Länder und ihr Vollzug durch die Justiz­voll­zugs­an­stalten habe die Verletzung des Betroffenen in seinen Menschenrechten bewirkt, sondern ebenso die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland.

Keine Beschränkung der Haftung auf vollziehendem Land

Die Haftung sei nach Ansicht des Kammergerichts nicht auf die das Recht vollziehenden Länder beschränkt. Eine solche Haftungs­be­schränkung lasse sich aus Art. 5 Abs. 5 EMRK oder Art. 34 Satz 1 des Grundgesetzes nicht entnehmen.

Quelle: Kammergericht Berlin, ra-online (vt/rb)

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