Dokument-Nr. 20924
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- MDR 2014, 226Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 226
Kammergericht Berlin Beschluss19.12.2014
Gemeinschaftliches Testament eines Ehepaars mit gegenseitiger Einsetzung als Alleinerben und der Kinder als Schlusserben erlangt mit Tod des Erstversterbenden Bindungswirkung für ÜberlebendenÜberlebender kann im gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügungen nicht ändern
Setzt sich ein Ehepaar in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben ein und ihre Kinder als Schlusserben, liegen darin regelmäßig wechselbezügliche Verfügungen im Sinne des § 2270 BGB. Mit dem Tod eines Ehegatten tritt daher eine Bindungswirkung für den Überlebenden ein. Dieser ist nunmehr daran gehindert von den getroffenen Verfügungen abzuweichen (§ 2271 Abs. 2 BGB). Dies hat das Kammergericht entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall errichtete ein Ehepaar im Dezember 2002 ein gemeinschaftliches Testament. In diesem setzten sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben und ihre gemeinsame Tochter als Schlusserbin ein. Nach dem Tod seiner Ehefrau, errichtete der Ehemann im April 2013 ein eigenhändiges Testament, wodurch seine Tochter enterbt wurde. Nach dessen Tod beantragte die Tochter trotz der letztwilligen Verfügung ihres Vaters einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Nachdem das zuständige Nachlassgericht den Antrag ablehnte, musste das Kammergericht über den Fall entscheiden.
Enterbung der Tochter durch eigenhändiges Testament des Erblassers unwirksam
Das Kammergericht entschied, dass die Tochter nicht aufgrund des eigenhändigen Testaments ihres Vaters vom April 2013 enterbt worden sei. Ihr Vater sei insofern durch das gemeinschaftliche Testament vom Dezember 2002 an einer Enterbung gehindert gewesen (§ 2271 Abs. 2 BGB). Die Einsetzung der Tochter als Schlusserbin habe eine wechselbezügliche Verfügung im Sinne des § 2270 BGB dargestellt. Dies habe den Vater gebunden.
Bei gegenseitiger Einsetzung als Alleinerben und der Kinder als Schlusserben ist von Wechselbezüglichkeit der Verfügungen auszugehen
Setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben und die Kinder als Schlusserben ein, sei nach Ansicht des Kammergerichts regelmäßig von der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen auszugehen. Denn ein Ehegatte werde der mit der Einsetzung des anderen Ehegatten zum Alleinerben verbundenen Enterbung der gemeinsamen Kinder in der Regel nur dann zustimmen, wenn die Kinder durch den anderen Ehegatten zugleich als Schlusserben eingesetzt werden und somit jedenfalls im zweiten Erbgang am Familienvermögen teilhaben können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.04.2015
Quelle: Kammergericht, ra-online (vt/rb)
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