21.11.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 26206

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Kammergericht Berlin Urteil18.07.2018

Schaubühne darf Theaterstück "Fear" mit einigen Änderungen weiter aufführenBesonderheit der Kunstform des Theaterstücks steht über Persön­lich­keits­­recht

Der Schaubühne Berlin wird untersagt, im Rahmen der Aufführung des Theaterstücks "FEAR" bestimmte Sätze, die als Äußerungen der klagende Publizistin dargestellt wurden, wiederzugeben. Dies hat das Kammergericht in seiner Entscheidung bekanntgegeben.

Im vorliegenden Fall hatte eine christlich-konservativ ausgerichtete Publizistin gegen die Schaubühne im Rahmen der Aufführung des Theaterstücks "Fear" geklagt. Das Landgericht in erster Instanz hatte die Klage der Publizistin insgesamt abgewiesen. Das Kammergericht untersagte der Schaubühne, im Rahmen der Aufführung des Theaterstücks "Fear" bestimmte Sätze, die als Äußerungen der klagende Publizistin (im Folgenden: Klägerin) dargestellt wurden (u.a. "ich hetze gegen Juden", "Was wir...brauchen, sind Faschistinnen"), wiederzugeben bzw. die Klägerin mit "diese verknitterte, ausgetrocknete düstere Seele" zu beschreiben. Dagegen verneinte das Kammergericht ein Recht der Klägerin, zu untersagen, dass ein Portraitfoto von ihr im Bühnenbild verwendet und ein Bild von ihr mit ausgestochenen Augen als Maske genutzt werden. Auch dürften generell Tonband­auf­nahmen von ihr verwendet werden und der Klägerin stehe auch kein Schmerzensgeld, das sie mit 20.000 EUR bewertet hatte, zu.

Anspruch auf Untersagung verneint

Das Gericht hielt einen Anspruch der Klägerin, generell die Wiedergabe ihrer Tonaufnahmen zu untersagen, für unbegründet, soweit in dem Theaterstück im Wege eines "Samplings" bzw. einer Collage einzelne, über Youtube abrufbare Äußerungen der Klägerin neu zusam­men­ge­schnitten worden waren. Denn indem die Klägerin ihre öffentlich gehaltenen Reden auch im Internet für jedermann zugänglich gemacht habe, habe sie ihrer Verbreitung an unbestimmt viele Menschen zugestimmt.

Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung durch untergeschobene Aussagen

Soweit allerdings einige in dem Stück wiedergegebenen verfremdeten Zitate dazu führten, dass der Klägerin Aussagen untergeschoben würden, die sie nicht gemacht habe, werde sie in ihrem Persön­lich­keitsrecht verletzt und könne diese Wiedergabe untersagen lassen. Denn die verwendeten Passagen im Original ließen weder erkennen, dass die Klägerin den Faschismus befürworte noch dass sie sich hetzerisch oder diffamierend über Juden geäußert habe. Auch dürfe die Klägerin nicht als "verknitterte, ausgetrocknete düstere Seele" bezeichnet werden. Dadurch werde sie verhöhnt und in ihrer Menschenwürde verletzt. Die Beein­träch­tigung wiege derart schwer, dass die Kunstfreiheit zurücktreten müsse. Anders sei die Äußerung "ich halte eine Hasspredigt" zu bewerten. Insoweit handele es sich um eine zulässige Meinung­s­äu­ßerung im Rahmen einer künstlerischen Darstellung. Ebenso dürfe die Schaubühne in dem Stück der Klägerin zuschreiben, sie betreibe mit AfD-Politikerinnen einen Verein zur Re-Chris­ti­a­ni­sierung des Abendlandes.

Nutzung eines Fotos mit aus- bzw. durch­ge­sto­chenen Augen als Maske durch Besonderheit der Kunstform gerechtfertigt

Es bestehe auch kein Recht der Klägerin, zu untersagen, dass ein Lichtbild von ihr im Rahmen des Theaterstücks zur Schau gestellt und als Maske mit ausgestochenen Augen verwendet werde. Zwar stehe ihr das Urheberrecht an dieser Fotografie zu. Jedoch sei die Klägerin durch die Verwendung des Fotos für den Bühnen­hin­tergrund nicht in ihren ausschließ­lichen Nutzungsrechten verletzt. Die Schaubühne habe dieses Foto im Rahmen des sog. freien Zitatrechts benutzen dürfen. Das Foto sei eines von vielen gewesen, mit denen das Bühnenbild eine albtraumartige Überflutung mit den im Stück thematisierten Ansichten und Parolen auf originelle Art visualisiert habe. Soweit das Foto mit aus- bzw. durch­ge­sto­chenen Augen als Maske genutzt worden sei, werde die Klägerin nicht in ihrem Persön­lich­keitsrecht verletzt. Die Grenzen der Schmähkritik seien nicht überschritten, sondern durch die Besonderheit der Kunstform des Theaterstücks, das Albträume von Zombies bzw. Untoten mit leeren Augen darstellen wolle, gerechtfertigt.

Kein Anspruch auf Schmerzensgeld

Schließlich sei auch kein Schmerzensgeld gerechtfertigt. Die vom Gericht festgestellten Persön­lich­keits­ver­let­zungen der Klägerin seien im Kontext der zahlreichen anderen Personen, die in dem Theaterstück angeprangert würden, zu bewerten. Die Klägerin habe nicht konkret dargelegt, dass sich die beanstandeten Äußerungen negativ auf ihre Sozialsphäre ausgewirkt hätten.

Quelle: Kammergericht, ra-online

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