21.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
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Hessisches Landessozialgericht Urteil20.02.2017

Berufs­genossen­schaft muss Witwe eines Jagdhelfers Hinterbliebenen­leistungen gewährenWie Beschäftigte eingesetzte Personen sind gesetzlich unfall­ver­sichert

Beschäftigte sind gesetzlich unfall­ver­sichert. Dies gilt gleichermaßen für Personen, die wie Beschäftigte tätig werden. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaft­lichem Wert handelt, die ihrer Art nach sonst von abhängig Beschäftigten verrichtet wird. Hiervon ist bei einem Jagdhelfer bei der Suche nach fliehendem angeschossenem Wild (sogenannte Nachsuche) auszugehen. Dies geht aus einem Urteil des Hessischen Landes­sozial­gerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bei einer Jagd wurde ein Reh angeschossen und flüchtete in den Wald. Der hiervon informierte Jagdaufseher bat seinen Bruder, bei der Nachsuche mit seinem hierfür ausgebildeten Jagdhund zu helfen. Der 45-Jährige willigte ein. Im Wald stürzte er eine Böschung hinab, brach sich das Genick und verstarb. Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung der Witwe ab. Es habe sich nicht um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt. Der Verunglückte sei nicht arbeit­neh­mer­ähnlich tätig geworden. Vielmehr habe es sich um eine freiwillige Unterstützung im Rahmen der familiären Beziehung gehandelt.

LSG bejaht Anspruch auf Hinter­blie­be­nen­leis­tungen

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht gaben der Witwe Recht. Sie habe als Hinterbliebene Anspruch auf Entschädigung, da der Tod ihres Mannes infolge eines Versi­che­rungsfalls eingetreten sei. Er sei wie ein Beschäftigter tätig geworden und dabei tödlich verunglückt.

Jagdhelfer ist bei Nachsuche wie ein Beschäftigter gesetzlich unfall­ver­sichert

Zu den kraft Gesetzes unfall­ver­si­cherten Jagdun­ter­nehmern gehörten die Jagdrechts­inhaber und damit die Eigentümer, die Jagdgenossen sowie die Jagdpächter. Werde von diesen ein Jagdhelfer für die Durchführung einer Nachsuche angefordert, so sei dieser Jagdhelfer "wie ein Beschäftigter" gesetzlich unfall­ver­sichert. Dies sei vorliegend der Fall. Nicht wie ein Beschäftigter einzustufen sei hingegen ein Schweiß­hun­de­führer, der über seinen Einsatz sowohl bezüglich der Art als auch hinsichtlich Umfang und Zeitpunkt frei verfügen könne und nicht dem Direktionsrecht des Jagdun­ter­nehmers unterstehe. Der Verunglückte sei jedoch als Jagdhelfer und nicht als Schweiß­hun­de­führer tätig geworden.

Die Teilnahme an einer Nachsuche stelle zudem aufgrund der Dauer und Gefährlichkeit grundsätzlich keinen selbst­ver­ständ­lichen Hilfsdienst unter Verwandten dar, der zum Ausschluss vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung führe.

Hinweise zur Rechtslage

§ 2 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1. Beschäftigte,

[...]

5. Personen, die

a) Unternehmer eines landwirt­schaft­lichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,

[...]

d) ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. [...]

§ 8 SGB VII

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz [...] begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesund­heits­schaden oder zum Tod führen.

§ 63 SGB VII

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf

1. Sterbegeld,

2. Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,

3. Hinter­blie­be­nen­renten,

4. Beihilfe.

Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versi­che­rungsfalls eingetreten ist.

§ 123 SGB VII

(1) Die landwirt­schaftliche Berufs­ge­nos­sen­schaft ist für folgende Unternehmen (landwirt­schaftliche Unternehmen) zuständig [...]:

5. Jagden

[...].

§ 136 SGB VII

(3) Unternehmer ist

1. die [...] Person [...], der das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht, [...].

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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