Dokument-Nr. 6044
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Hessisches Landessozialgericht Beschluss03.04.2008
Keine Sozialhilfe für Arbeitsuchende ohne Arbeitserlaubnis
Ausländer, deren Aufenthaltsrecht in Deutschland sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, haben keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Im konkreten Fall reiste eine 1980 geborene Tschechin mit ihrer 5jährigen Tochter im Jahre 2006 nach Deutschland zu ihrer Mutter und Schwester, die für deren Miete und Lebensunterhalt aufkamen. Die Stadt Wiesbaden wies die junge Frau, der sie eine bis 2011 gültige Freizügigkeitsbescheinigung/EG erteilte, darauf hin, dass eine unselbstständige Beschäftigung nur nach Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit (BA) gestattet sei. Den Antrag der tschechischen Frau, die in ihrem Heimatland nur als Telefonistin und in einer Videoausleihe gearbeitet hatte, auf Arbeitserlaubnis für eine Beschäftigung als Eisverkäuferin lehnte die BA ab, da für diese Tätigkeit bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Die Stadt Wiesbaden, die zunächst Sozialhilfe bewilligt hatte, verweigerte dies später unter Verweis auf die fehlende Arbeitserlaubnis.
Sozialgericht verpflichtete die Stadt zur vorläufigen Zahlung von ALG II
Im gerichtlichen Eilverfahren verwies die Frau darauf, dass die abstraktgenerelle Möglichkeit der Erlangung einer Beschäftigung maßgeblich sei und ihr Arbeitslosengeld II zu gewähren sei. Dieser Auffassung folgte das Sozialgericht Wiesbaden nicht, verpflichtete die Stadt Wiesbaden aber vorläufig zur Zahlung von Sozialhilfe für einen begrenzten Zeitraum. Nicht ausreisepflichtige Unionsbürger seien nicht mangels Erwerbsfähigkeit aufgrund fehlender Arbeitserlaubnis von der Sozialhilfe ausgeschlossen.
Landessozialgericht: Kein Anspruch auf ALG II oder Sozialhilfe
Die Richter der 2. Instanz hingegen gaben der Stadt Wiesbaden in vollem Umfang Recht. Es bestehe weder Anspruch auf Arbeitslosengeld II noch auf Sozialhilfe. Zunächst bestünden im Hinblick auf die Leistungen der Verwandten bereits Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Betroffenen. Darüber hinaus führten sie aus, dass sich das Aufenthaltsrecht der tschechischen Antragstellerin und ihrem Kind vorliegend allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, was einer Leistungspflicht entgegenstehe. Dies verstoße auch nicht gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot, da objektive Umstände wie die Nähe bzw. Ferne zum deutschen Arbeitsmarkt die Ungleichbehandlung rechtfertigten. Hinzu käme, dass Deutschland hinsichtlich des ungehinderten Zutritts zum Arbeitsmarkt im Hinblick auf die Tschechische Republik von der europarechtlichen Möglichkeit der Zulassungsbeschränkung Gebrauch gemacht habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.05.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 15/08 des LSG Hessen vom 13.05.2008
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