Nach dem Pflegeversicherungsgesetz sind Pflegeheime verpflichtet, in Vereinbarungen mit den Verbänden der Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern die personelle Ausstattung im Pflege- und Betreuungsbereich festzulegen. Diese Vereinbarungen finden Eingang in die Festlegung der Vergütungssätze des Pflegeheimes, welche von den Heimbewohnern, Pflegekassen und Sozialhilfeträgern zu zahlen sind. Wird der vereinbarte Personalschlüssel unterschritten, so sind die Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzung zu kürzen. Der Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung an die Pflegekassen, die Sozialhilfeträger und bis zur Höhe ihres Eigenanteils an die betroffenen Pflegebedürftigen (anteilig) zurückzuzahlen. Über die Höhe des Kürzungsbetrages ist Einvernehmen anzustreben. Kommt eine Einigung zwischen dem Pflegeheim, den Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern nicht zustande, entscheidet hierüber die Schiedsstelle, deren Schiedsspruch vor dem Landessozialgericht angefochten werden kann.
Im zugrunde liegenden Fall betreibt eine GmbH & Co. KG seit August 2004 eine stationäre Pflegeeinrichtung mit 150 Betten im Main-Kinzig-Kreis. Mit einer Leistungs- und Qualitätsvereinbarung von August 2004 verpflichtete sie sich, in der Zeit von August 2005 bis September 2006 56,39 Vollzeitstellen für Pflegekräfte und Mitarbeiter in der sozialen Betreuung bereitzustellen und zu besetzen. Für die Folgezeit bis Dezember 2006 bestand die entsprechende Verpflichtung für 52,69 Vollzeitstellen.
Bei einer Qualitätsprüfung des Heimes durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Oktober 2005 wurden erhebliche Mängel im Pflegebereich und eine Stellenunterbesetzung festgestellt. Dies führte zu weiteren Ermittlungen des Sozialamtes des Main-Kinzig-Kreises unter Auswertung von Dienstplänen und Personalunterlagen der Pflegeeinrichtung. Die Kreisverwaltung gelangte zu dem Ergebnis, das Pflegeheim habe im Durchschnitt 3,5 Vollzeitkräfte zu wenig eingesetzt und in hohem Maße von den Pflegekräften Überstunden erbringen lassen. Dies rechtfertige einen Kürzungsbetrag von 2,58 Euro für alle Pflegestufen pro Berechnungstag (bei insgesamt 68.618 Berechnungstagen knapp 180.000 Euro). Die Pflegekassen schlossen sich dem an. Da eine Einigung über die Kürzung mit dem Träger der Pflegeeinrichtung nicht erzielt werden konnte, sprach die Schiedsstelle die Kürzung der Pflegesätze in der benannten Höhe aus. Gegen diesen Schiedsspruch erhob die GmbH & Co. KG vor dem - insoweit erstinstanzlich zuständigen – Landessozialgericht Klage.
Die Darmstädter Richter bestätigten den Schiedsspruch und wiesen die Klage ab. Das Pflegeheim habe nicht ausreichend Personal vorgehalten und damit seine Pflichten verletzt. Die deshalb ausgesprochene Kürzung der Pflegevergütung sei auch hinsichtlich der Höhe rechtmäßig. Genaue Vorgaben zur Berechnung des Kürzungsbetrages enthalte das Gesetz zwar nicht. Es sei aber sachgerecht, den Kürzungsbetrag anhand der eingesparten Personalkosten zu berechnen. Der Schiedsstelle stehe hinsichtlich der Bestimmung der Höhe des Kürzungsbetrags ein Entscheidungsspielraum zu. Daher sei die gerichtliche Kontrolle insoweit begrenzt.
(1) Bei teil- oder vollstationärer Pflege setzt der Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung (…) den Nachweis einer wirksamen Leistungs- und Qualitätsvereinbarung durch den Träger des zugelassenen Pflegeheims voraus (…).
(2) In der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung sind die wesentlichen Leistungs- und Qualitätsmerkmale festzulegen. Dazu gehören insbesondere:
(…)
3. die personelle und sächliche Ausstattung des Pflegeheims einschließlich der Qualifikation der Mitarbeiter. Die Festlegungen (…) sind für die Vertragsparteien (…) und für die Schiedsstelle als Bemessungsgrundlage für die Pflegesätze und die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung (…) unmittelbar verbindlich.
(3) Die Leistungs- und Qualitätsvereinbarung ist in der Regel zusammen mit der Pflegesatzvereinbarung (…) abzuschließen (…). Kommt eine Vereinbarung nach (…) nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, entscheidet die Schiedsstelle (…) über die Punkte, über die keine Einigung erzielt werden konnte. (…)
(4) Der Träger des Pflegeheims ist verpflichtet, mit dem in der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung als notwendig anerkannten Personal die Versorgung der Heimbewohner jederzeit sicherzustellen. (…)
(1) Art, Höhe und Laufzeit der Pflegsätze werden zwischen dem Träger des Pflegeheimes und den Leistungsträgern (…) vereinbart.
(…)
(…)
(3) Hält die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen (…) ganz oder teilweise nicht ein, sind die (…) vereinbarten Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzung entsprechend zu kürzen. Über die Höhe des Kürzungsbetrags ist zwischen den Vertragsparteien (…) Einvernehmen anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle (…). Gegen die Entscheidung nach Satz 3 ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben; ein Vorverfahren findet nicht statt, die Klage hat aufschiebende Wirkung. Der vereinbarte oder festgesetzte Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung bis zur Höhe ihres Eigenanteils an die betroffenen Pflegebedürftigen und im Weiteren an die Pflegekassen zurückzuzahlen; soweit die Pflegevergütung als nachrangige Sachleistung von einem anderen Leistungsträger übernommen wurde, ist der Kürzungsbetrag an diesen zurückzuzahlen. (…).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.05.2011
Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online