18.10.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil18.01.2013

Hessisches LSG zur Berechnung der Rente von DDR-FlüchtlingenFür DDR-Beitragszeiten gilt für Versicherte ab Jahrgang 1937 das Sozial­ge­setzbuch VI und nicht das Fremd­ren­ten­gesetz

Die Renten­be­rechnung der am 18. Mai 1990 bereits in die Bundesrepublik übergesiedelten ehemaligen DDR-Bürger richtet sich nur für vor dem Jahr 1937 Geborene nach dem Fremd­ren­ten­gesetz. Diese im Zuge der Wieder­ver­ei­nigung durch die Renten­über­lei­tungs­vor­schriften erfolgte Stich­tags­re­gelung ist verfas­sungsgemäß. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Der 1947 geborene Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war in der ehemaligen DDR als Ingenieur und Betriebsleiter tätig. In Folge seines Ausreiseantrags war er nur noch mit Hilfs­a­r­bei­ter­tä­tig­keiten beschäftigt. Nach seiner Ausreise 1989 ging er 20 Jahre lang einer renten­ver­si­che­rungs­pflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik nach. Bei seiner Altersrente bewertete die Beklagte die im Beitrittsgebiet zurückgelegten renten­recht­lichen Zeiten nach den tatsächlich mit renten­recht­lichen Beiträgen belegten Entgelten. Das Fremd­ren­ten­gesetz sei nicht anwendbar.

Kläger rügt unter anderem Verstoß gegen das Sozial­staats­prinzip

Hierauf klagte der in Nordhessen lebende Mann mit der Begründung, dies verstoße gegen das Sozial­staats­prinzip, den Gleichheitsgrundsatz sowie die grundrechtlich geschützte Eigen­tums­ga­rantie.

Fremd­ren­tenrecht nicht anwendbar

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts gaben der Renten­ver­si­cherung unter Bezug auf das Urteil des Bundes­so­zi­al­ge­richts vom 14. Dezember 2011 (Az.: B 5 R 36/11 R) Recht. Es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, das Fremd­ren­tenrecht für nach 1936 geborene Flüchtlinge und Übersiedler heranzuziehen.

Eingeführte Stich­tags­re­gelung für "rentennahe Jahrgänge" nicht verfas­sungs­widrig

Die Wieder­ver­ei­nigung habe eine Neuregelung des im Fremd­ren­ten­gesetz geregelten Kriegs­fol­gen­rechts und eine renten­rechtliche Einheit in West- und Ostdeutschland erforderlich gemacht. Wie im Gebiet der Bundesrepublik bereits vor dem Beitritt sollten auch für Zeiten im Beitrittsgebiet vorrangig die tatsächlich entrichteten individuellen Beiträge maßgebend für die Renten­be­rechnung sein. Eine fiktive Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten renten­recht­lichen Zeiten nach dem Fremd­ren­ten­gesetz anhand der Durch­schnitt­s­entgelte der alten Bundesländer habe damit ihre Legitimation verloren. Die in Folge des Einheits­ver­trages mit der Abschaffung der Anwendung des Fremd­ren­ten­rechts aus Vertrau­ens­schutz­gründen eingeführte Stich­tags­re­gelung für "rentennahe Jahrgänge" sei nicht verfas­sungs­widrig.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 256 a Sozial­ge­setzbuch Sechstes Buch (SGB VI)

(1) Für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 werden Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitrags­be­mes­sungs­grundlage) durch das Durch­schnitt­s­entgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. [...]

(2) Als Verdienst zählen der tatsächlich erzielte Arbeits­ver­dienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur Freiwilligen Zusatz­ren­ten­ver­si­cherung (...) gezahlt worden sind. [...]

§ 259 a SGB VI (Stich­tags­re­gelung)

(1) Für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1937 geboren sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 oder, falls sie verstorben sind, zuletzt vor dem 19. Mai 1990

1. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten oder

2. im Ausland hatten und unmittelbar vor Beginn des Ausland­s­auf­enthalts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, werden für Pflicht­bei­trags­zeiten vor dem 19. Mai 1990 anstelle der nach den §§ 256 a bis 256c zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremd­ren­ten­gesetz ermittelt; [...].

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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