15.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 13729

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Hessisches Landessozialgericht Urteil27.06.2012

Kürzung der Alters­ver­sorgung ehemaliger Vertragsärzte in Hessen rechtswidrigHessisches Landes­so­zi­al­gericht rügt Verletzung der Eigen­tums­ga­rantie

Der für die Zeit ab dem 3. Quartal 2006 für Vertragsärzte in Hessen eingeführte so genannte Nachhal­tig­keits­faktor, der eine deutliche Absenkung der Versor­gungs­bezüge bewirkt, ist rechtswidrig. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

In Hessen haben Vertrag­s­ärz­tinnen und Vertragsärzte - neben Ansprüchen gegenüber dem Versorgungswerk der Landes­ärz­te­kammer - auch Versor­gungs­ansprüche gemäß der so genannten Erweiterten Honora­r­ver­teilung der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung Hessen. Nach den satzungs­recht­lichen Bestimmungen der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung wird ein bestimmter Anteil der von den Krankenkassen zur Vergütung der vertrag­s­ärzt­lichen Leistungen bezahlten Honorare nicht an die berufstätigen Ärzte als Erbringer dieser Leistungen verteilt. Dieser Honoraranteil wird vielmehr den aus dem Berufsleben ausgeschiedenen Vertragsärzten oder deren Hinterbliebenen ausgezahlt.

Hessisches Landes­so­zi­al­gericht erklärt Neuregelung für rechtswidrig

Im Hinblick auf die demografische Entwicklung erfolgte im Jahr 2006 eine grundsätzliche Neuausrichtung der Honora­r­ver­teilung. Für die Zeit ab dem 3. Quartal 2006 wurde ein so genannter Nachhal­tig­keits­faktor eingeführt, der eine deutliche Absenkung der Versor­gungs­bezüge bewirkt. Diese Neuregelung hat das Hessische Landes­so­zi­al­gericht in vier Paral­lel­ver­fahren wegen Verletzung der Eigen­tums­ga­rantie für rechtswidrig erklärt.

Kassenärztliche Vereinigung erklärt Nachhal­tig­keits­faktor zur Kompensation künftiger demografischer Verwerfungen für unumgänglich

Der aufgrund der Neuregelung ab dem 3. Quartal 2006 eingetretenen Kürzung ihrer Versor­gungs­bezüge um ca. 6 % widersprach eine Vielzahl ehemaliger Vertragsärzte aus Hessen. Sie verstoße gegen die Eigen­tums­ga­rantie und sei daher verfassungswidrig. Die Kassenärztliche Vereinigung verwies hingegen darauf, dass der Nachhal­tig­keits­faktor zur Kompensation künftiger demografischen Verwerfungen aufgrund der Altersstruktur sowie der zunehmenden Lebenserwartung erforderlich sei. Im Jahre 2040 werde das Verhältnis der Bezieher der Erweiterten Honora­r­ver­teilung zu den aktiven Vertragsärzten 1:,8 (2005: 1:1,67) betragen. Bei unveränderter Fortführung der Erweiterten Honora­r­ver­teilung werde der Umlagesatz von unter 6 % (2006) auf ca. 10 % steigen. Mit dem Nachhal­tig­keits­faktor hingegen werde die Belastung der aktiven Ärzte dauerhaft auf einen Umlagesatz von 5 % beschränkt.

Nachhal­tig­keits­faktor stellt sich in konkreter Ausgestaltung als unver­hält­nis­mäßige Belastung dar

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts erklärten nun den Nachhal­tig­keits­faktor für verfas­sungs­widrig. Die erworbenen Ansprüche aus der Erweiterten Honora­r­ver­teilung stünden - ebenso wie Ansprüche auf Renten aus der Sozia­l­ver­si­cherung - unter dem Schutz der verfas­sungs­recht­lichen Eigen­tums­ga­rantie. Der Nachhal­tig­keits­faktor stelle sich in seiner konkreten Ausgestaltung als unver­hält­nis­mäßige Belastung dar. Durch das Einfrieren der Belastung der aktiven Ärzte auf 5 % ihres Honorars müssten die nicht mehr aktiven Ärztinnen und Ärzte in Hessen letztlich die Lasten allein tragen. Konkret bedeute dies eine 6 prozentige Absenkung zu Beginn der Reform 2006 verbunden mit einer stets weiter voran­schrei­tenden Minderung der Versor­gungs­bezüge. Zudem ermögliche es die streitige Regelung den Versor­gungs­be­ziehern nicht, sich auf die neue Rechtslage in angemessener Zeit einzustellen. Über die zahlreichen noch anhängigen Wider­spruchs­ver­fahren werde die Kassenärztliche Vereinigung entsprechend zu entscheiden haben.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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