21.11.2024
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Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil11.12.2008

Fristlose Kündigung einer Kassiererin, die Kunden-Bonuspunkte auf eigene Bonuskarten buchtAußer­or­dentliche Kündigung gerechtfertigt

Nach einer Entscheidung des Hessischen Landes­a­r­beits­ge­richts kann eine Kassiererin fristlos gekündigt werden, wenn diese in erheblichem Umfang unberechtigt Kundeneinkäufe über ihre Kunden­bo­nuskarte abgerechnet hat.

Eine über 50 Jahre alte Mitarbeiterin war seit über 20 Jahren als Kassiererin in einem Kaufhaus beschäftigt. Sie und ihre Tochter waren im Besitz von Kunden­bo­nus­karten, die der Arbeitgeber an seine Kunden herausgibt. Die Käufer können sich bei jedem Einkauf Punkte (ein Cent pro Euro) in der Weise gutschreiben lassen, dass der Wert des Einkaufs auf ihre Karte eingescannt wird. Die Punkte können in Form von Einkaufs­gut­scheinen – auch bei dem Arbeitgeber und angeschlossenen Partner­un­ter­nehmen - eingelöst werden. Der Arbeitgeber kündigte seiner Mitarbeiterin fristlos vorsorglich fristgemäß, weil diese im Zeitraum von 13 Monaten unberechtigt Kundeneinkäufe im Warenwert von über € 20.000,00 auf ihre Kunden­bo­nuskarte und im Wert von mehr als € 13.000,00 auf die Karte ihrer Tochter eingegeben hatte. Die Mitarbeiterin erhob Kündi­gungs­schutzklage. Sie behauptete, bei ihrem Arbeitgeber sei es üblich und geduldet gewesen, dass Mitarbeiter Punkte von Kunden auf ihre eigenen Bonuskarten buchen. Der Arbeitgeber habe es versäumt, diese Praxis durch eine ausdrückliche Anweisung zu ändern.

Gerichte: Wichtiger Grund für außer­or­dentliche Kündigung liegt vor

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Auch das Hessische Landes­a­r­beits­gericht hat die fristlose Kündigung für wirksam erachtet. Ein wichtiger Grund zur außer­or­dent­lichen sei darin zu sehen, dass die Mitarbeiterin die Einkäufe von Kunden in erheblichem Umfang auf ihre und ihrer Tochter Kunden­bo­nus­karten gebucht habe.

Wider­recht­liches Handeln zum Nachteil des Arbeitgebers

Vollendete oder auch nur versuchte Eigentums- oder Vermö­gens­delikte zum Nachteil des Arbeitgebers seien grundsätzlich geeignet, eine außer­or­dentliche Kündigung zu stützen Das Bonussystem stelle ein Kundenbindungssystem und Anreiz zu Folgekäufen für die Kunden dar. Die Mitarbeiter seien nicht berechtigt, die Kundenpunkte auf ihre Kundenkarten zu buchen. Dass die Mitarbeiterin solche Buchungen in großem Umfang vorgenommen habe, habe sie in dem Perso­nal­ge­spräch eingeräumt und ihr sei auch die Wider­recht­lichkeit ihres Handelns bewusst gewesen, da sie in diesem Gespräch erklärt habe, sie ginge nicht davon aus, dass ihr die Punkte zustünden.

Keine Duldung durch den Arbeitgerber

Von einer Duldung dieser Vorgehensweise durch den Arbeitgeber sei nicht auszugehen. Selbst wenn andere Kassiererinnen derartige unberechtigte Buchungen ebenfalls vorgenommen hätten, konnte die klagende Mitarbeiterin keinen Vorgesetzten oder Entschei­dungs­träger nennen, der von dieser Praxis gewusst oder sie gar geduldet habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den EDV-Ausdrucken, da der Arbeitgeber auf die datenmäßige Erfassung der gutge­schriebenen Punkte weder Einfluss noch Zugriff habe und insofern auf die Informationen der die Abrechnung durchführenden Konzern­ge­sell­schaft angewiesen sei. Eine Duldung dieser Praxis setzte indessen voraus, dass der Arbeitgeber von dieser Praxis der Kassiererinnen Kenntnis gehabt habe und nicht eingeschritten sei.

Abmahnung war nicht erforderlich

Eine vorherige Abmahnung sei aufgrund der Schwere der Pflicht­ver­letzung entbehrlich gewesen.

Inter­es­se­n­ab­wägung geht zum Nachteil der Klägerin aus

Nach Ansicht des Berufungs­ge­richts gehe auch die vorzunehmende Inter­es­se­n­ab­wägung zu Lasten der Mitarbeiterin aus. Ihre langjährige Beschäf­ti­gungsdauer und ihr Lebensalter mit den damit verbundenen Schwierigkeiten, wieder einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden, würden zwar schwer wiegen. Angesichts der Nachhaltigkeit, mit der sie über einen längeren Zeitraum im erheblichen Umfang Tag für Tag widerrechtliche Manipulationen vorgenommen habe, des damit verbundenen Vertrau­ens­miss­brauchs und der Erschütterung des Glaubens an ihre Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit überwiegen jedoch die Arbeit­ge­be­r­in­teressen an der sofortigen Auflösung des Arbeits­ver­hält­nisses.

Quelle: ra-online (pt)

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