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Dokument-Nr. 12024

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Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil24.11.2010

Pausenzeiten mehrfach deutlich überzogen: Kündigung eines Fluglotsen gerechtfertigtSicherheit des Flugverkehrs gefährdet

Ein Flugsi­che­rungs­un­ter­nehmen darf einen Fluglotsen fristlos kündigen, der seine Pausen nachts mehrfach um 20 Minuten bis eine Stunde überzogen hat und dadurch sein Arbeitsplatz im Tower unbesetzt blieb. Dies entschied das Hessische Landes­a­r­beits­gericht.

Der 35-jährige Kläger des zugrunde liegenden Rechtsstreits ist Fluglotse und war seit April 2001 beschäftigt. Ab 1. April 2004 war er im Tower eines süddeutschen Flughafens eingesetzt. In der Nachtschicht ist dort nach den einschlägigen Vorschriften zur Flugsicherung eine Besetzung von zwei Fluglotsen vorgeschrieben. Die Pausen von je zwei Stunden sind abzusprechen. Jeder Fluglotse muss auch in der Pause erreichbar bleiben.

Fluglotse überzieht mehrfach seine Pausenzeit

Nach Video­auf­zeich­nungen konnte im Nachhinein rekonstruiert werden, dass der Kläger entgegen seinen Eintragungen im Arbeits­platz­nachweis an vier Nächten im August 2009 und in einer Nacht im September 2009 die Towerkanzel länger als zwei Stunden verlassen hatte und die Pausen einmal um 20 Minuten, einmal um 45 Minuten und zweimal um etwa eine Stunde überzogen hatte.

Arbeitsgericht hält Kündigung für unwirksam

Im September 2009 erklärte die Arbeitgeberin dem Kläger deshalb die fristlose Kündigung. Das Arbeitsgericht Offenbach hielt die Kündigung für unwirksam.

LAG: Vorherige Abmahnung nicht erforderlich

Die dagegen gerichtete Berufung der Arbeitgeberin hatte Erfolg. Das Hessische Landes­a­r­beits­gericht hielt die Kündigung für wirksam. Insbesondere habe es einer vorherigen Abmahnung des Klägers nicht bedurft.

Sicherheit des Luftverkehrs durch Verhalten des Fluglotsen akut gefährdet

Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass der Kläger allein "um seiner Bequemlichkeit zu frönen", seinen Arbeitsplatz übermäßig lange verlassen und damit die Sicherheit des Luftverkehrs akut gefährdet hat. Dem Kläger sei aus einschlägigen Vorschriften und entsprechenden briefings bekannt gewesen, welche Risiken entstehen können, wenn nicht genügend Fluglotsen am Platz sind. Der Kläger habe gewusst, dass es gerade deshalb sechs Wochen zuvor nachts zu einer gefährlichen Annäherung zweier Flugzeuge auf dem Flughafen Frankfurt am Main gekommen war. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger seinen Arbeits­platz­nachweis falsch ausgefüllt habe und so den Eindruck erwecken wollte, er habe die Pausen vorschriftsmäßig genommen.

Vertrauen in Zuverlässigkeit der Fluglotsen für Arbeitgeber unabdingbar

Damit hatte - so das Hessische Landes­a­r­beits­gericht - die Arbeitgeberin das Recht, den Kläger fristlos zu kündigen. Für die Beschäftigung eines Fluglotsen sei das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit unabdingbar. Die Arbeitgeberin habe darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz entsprechend den Vorschriften ausfüllt und dies zutreffend dokumentiert. Dies gelte insbesondere für die Nachtstunden, in denen eine Kontrolle faktisch entfällt. Die Pflichtverletzung sei so krass, dass - anders als im Regelfall - hier eine vorherige Abmahnung überflüssig gewesen sei, um den Kläger zu vertragstreuem Verhalten anzuleiten. Dem Kläger sei klar gewesen, dass seine Arbeitgeberin diese Vertrags­verstöße keinesfalls hinnehmen würde.

Quelle: Hessisches Landesarbeitsgericht/ra-online

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