Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung in einem Gebäudereinigungsunternehmen war die Absicht des Arbeitgebers, einem Betriebsratsmitglied kündigen zu wollen, weil ihm sexuelle Belästigung und Nötigung einer ehemaligen Kollegin vorgeworfen wurde. Die Mitarbeiterin hatte sich in einem Schreiben an den Arbeitgeber gewandt und ihn informiert, dass das Betriebsratsmitglied, welches sie eingestellt habe, sie seit dem Beginn ihrer Beschäftigung sexuell belästige. Er fordere eine Gegenleistung für ihre Einstellung, habe auf der Arbeitsstelle wiederholt versucht, sie anzufassen und habe ihr mehrfach erklärt, nur wenn sie sich auf sexuelle Kontakte mit ihm einlasse, schließe er mit ihr einen Festvertrag. Nachdem der Arbeitgeber mit der Mitarbeiterin persönliche Gespräche geführt hatte, in deren Verlauf diese die Vorwürfe aufrecht erhielt und eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, beantragte der Arbeitgeber bei dem Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes, die der Betriebsrat verweigerte.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag auf Zustimmungsersetzung zurückgewiesen.
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde des Arbeitgebers blieb ohne Erfolg. Nach Auffassung des Hessischen Landesarbeitsgerichts war der Antrag auf Zustimmungsersetzung nach § 103 BetrVG bereits unzulässig. Der Arbeitgeber habe seine Unterrichtungspflichten gemäß § 103 BetrVG nicht vollständig erfüllt, denn er habe den Betriebsrat nicht in einer Weise unterrichtet habe, die diesem ermöglicht hätte, ohne eigene Nachforschungen die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu überprüfen.
Bei nicht ausreichender Unterrichtung sei das Zustimmungsverfahren nicht wirksam eingeleitet. Da es sich bei dem Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG um eine gegenüber dem Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG weitergehende Form des Beteiligungsrechts handele, habe der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen des Zustimmungsverfahrens die Kündigungsabsicht und die maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen, welche den wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung darstellen. Insofern sei dem Betriebsrat der für die Kündigung maßgebliche Sachverhalt so genau und umfassend mitzuteilen, dass dieser ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt werde, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden. Die ordnungsgemäße Anhörung setze deshalb voraus, dass dem Betriebsrat mitgeteilt wird, wann der Arbeitgeber Kenntnis von den Kündigungstatsachen erhalten hat, um dem Betriebsrat eine Stellungnahme zur Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu ermöglichen. Der Betriebsrat müsse beurteilen können, ob der Arbeitgeber die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB noch einhalten hat. Sei dies nicht der Fall, sei er berechtigt, die Zustimmung zur Kündigung zu verweigern.
In dem zu entscheidenden Fall habe der Arbeitgeber weder in dem Schreiben mit der Bitte um Zustimmungserteilung noch im Rahmen einer mündlichen Unterrichtung mitgeteilt, wann er in einer den Lauf der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB bewirkenden Weise Kenntnis von den Vorwürfen der Mitarbeiterin gegenüber dem Betriebsratsmitglied erlangt habe.
Der Versuch, den Betriebsrat durch eine erneute Unterrichtung zu einem späteren Zeitpunkt umfassend zu informieren, führe nicht zu einer Heilung des Zustimmungsverfahrens. Auch wenn das Nachschieben der zur Berechnung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erforderlichen Informationen im Rahmen des gerichtlichen Zustimmungser¬setzungsverfahrens unter den gleichen Voraussetzungen zuzulassen sei wie das Nachschieben von Kündigungsgründen, müsse der Arbeitgeber - jedenfalls noch bevor er die für den Betriebsrat neue Information in das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einführe - bei diesem einen erneuten Antrag auf Zustimmungserteilung gestellt oder ihm jedenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt haben. Dies sei in dem zu entscheidenden Verfahren nicht erfolgt.