14.11.2024
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Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil14.05.2007

Fristlose Kündigung: Versenden von Privatpost kostet den JobLandes­a­r­beits­gericht bestätigt Urteil des Arbeitsgerichts

Wer mit der Frankier­ma­schine seines Arbeitgebers private Post freimacht, darf fristlos entlassen werden. Dies hat das hessische Landes­a­r­beits­gericht in Frankfurt entschieden und damit ein Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main bestätigt.

Im Fall hatte ein Kundenbetreuer (Kläger), der in einem Versi­che­rungs­makler-Unternehmen angestellt war mehrere Privatbriefe mit der Frankiermaschine des Unternehmens frankieren lassen. Der Kundenbetreuer fiel auf, weil die Briefe mit handschrift­lichen Adressen versehen waren. Der Portobetrag belief sich auf weniger als fünf Euro. Dem Briefschreiber wurde wegen Diebstahl­s­versuchs fristlos gekündigt.

Zu Recht, entschied das Hessische Landes­a­r­beits­ge­richts. Es bestätigte damit ein Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main (ArbG Frankfurt am Main, Urteil v. 26.07.2006 - 22 Ca 966/06 -). Dieses hatte die Nutzung einer arbeit­ge­be­reigenen Einrichtung (Frankier­ma­schine) zu eigenen Zwecken auf Kosten des Arbeitgebers mit einem "Griff in die Kasse" verglichen.

Mit seinem Verhalten habe der Kläger gegen vertragliche Pflichten verstoßen, diese Pflichtverstöße seien so erheblich, dass sie geeignet seien, eine außer­or­dentliche Kündigung an sich zu rechtfertigen. Im Rahmen seines Arbeits­ver­hält­nisses sei ein Arbeitnehmer vertraglich nicht nur verpflichtet, die versprochenen Dienste zu leisten (§ 611 BGB), vielmehr sei ein Arbeitnehmer darüber hinaus zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen seines Vertrags­partners gehalten (§ 241 Abs. 2 BGB). Zu den einen Arbeitnehmer treffenden Nebenpflichten gehöre es auch, die private Nutzung der vom Arbeitgeber zur Erreichung der von ihm verfolgten Betriebszwecke zur Verfügung gestellten Betriebsmittel zu unterlassen. Denn ein Arbeitnehmer sei ohne Billigung durch den Arbeitgeber nicht berechtigt, diese Betriebsmittel privat in Anspruch zu nehmen, zumal dem Arbeitgeber insoweit zusätzliche Kosten entstünden (vgl. BAG 07. Juli 2005, AP Nr. 192 zu § 626 BGB). Zu solchen Betriebsmitteln zähle auch eine zum Freimachen von Geschäftspost bestimmte Frankier­ma­schine. Werde diese vom Arbeitnehmer unberech­tig­terweise privat genutzt, liege darin ein Verstoß gegen die neben­ver­tragliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf Rechte seines Vertrags­partners.

Ein solcher Vertragsverstoß sei auch erheblich, denn durch die private Nutzung von Betriebsmitteln verhalte sich der Arbeitnehmer nicht nur objektiv vertragswidrig, sondern er breche, unabhängig vom Wert eines möglichen Schadens, in erheblicher Weise das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Redlichkeit. Ein Arbeitgeber sei nämlich regelmäßig darauf angewiesen, darauf zu vertrauen, dass seine Arbeitnehmer die von ihm eingesetzten Betriebsmittel ausschließlich zur Verfolgung der arbeits­tech­nischen Zwecke des Betriebs, nicht aber für eigene Zwecke nutzten.

Es käme auch nicht auf die Höhe des Schadens an. Die unberechtigte Nutzung von Betriebsmitteln zu privaten Zwecken werde nicht deshalb zu einer vernach­läs­si­genden Lappalie, weil der Schaden gering sei. Auch eine geringe Schadenshöhe ändere nämlich nichts daran, dass der Arbeitnehmer unberech­tig­terweise in erheblichem Maße in die Rechtssphäre seines Vertrags­partners, nämlich dessen Befugnis, den Verwen­dungszweck betrieblicher Einrichtungen zu bestimmen, eingreift und damit in erheblichem Umfang vertrau­ens­be­zogene Nebenpflichten verletzt.

Eine vorhergehende Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen, führte das Gericht aus. Auf eine Abmahnung könne verzichtet werde, wenn der Arbeitnehmer einen Pflichtverstoß begehe, dessen Rechts­wid­rigkeit ohne weiteres erkennbar und dessen Hinnahme durch den Arbeitgeber offenkundig ausgeschlossen ist.

Hinweis:

Teils wird dieses Urteil mit dem falschen Aktenzeichen "16 Sa 1865/06" zitiert, richtig ist das Aktenzeichen "16 Sa 1885/06".

Quelle: ra-online (pt)

der Leitsatz

BGB 626

Gibt ein Arbeitnehmer, ohne dass dies generell oder ihm gestattet worden wäre, wiederholt Privatpost in den betrieblichen Postlauf, um diese durch die Frankier­ma­schine seines Arbeitgebers frankieren zu lassen, verletzt er in erheblichem Maße vertragliche Pflichten, so dass eine außer­or­dentliche Kündigung des Arbeitgebers berechtigt sein kann.

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