14.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 11258

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Urteil15.02.2011Hessisches Landesarbeitsgericht13 SaGa 1934/10
Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Darmstadt, Urteil09.12.2010, 10 Ga 4/10
ergänzende Informationen

Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil15.02.2011

LAG Frankfurt am Main: Mutter in Elternzeit kann nicht zu mehrtägigem Aufenthalt pro Woche in Konzernzentrale in London verpflichtet werdenWeisung des Arbeitgebers zur Arbeitszeit in London kommt unzulässiger "Strafversetzung" gleich

Ein Arbeitgeber darf eine Mutter in Elternzeit nicht anweisen, zwei Tage pro Woche in der Konzernzentrale des Arbeitgebers in London zu arbeiten. Dies entschied das Hessische Landes­a­r­beits­gericht.

Die 39-jährige Klägerin des Eilverfahrens ist Leiterin der Rechtsabteilung und Mutter einer 13-monatigen Tochter. Vor ihrer Elternzeit hatte sie mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, dass sie während der Elternzeit 30 Stunden/Woche weiterarbeiten werde, und zwar drei Tage von zu Hause aus und zwei Tage "im Büro". Dieses Büro lag seinerzeit ca. 30 km vom Wohnort der Klägerin entfernt in Frankfurt am Main. Einige Monate später erhielt die Klägerin die Mitteilung, dass ihr bisheriges Büro geschlossen worden sei und sie nunmehr zwei Tage pro Woche in der Konzernzentrale in London arbeiten solle. Die Kosten für Anreise und Übernachtung sollte die Klägerin im wesentlichen selbst tragen.

Arbeitsgericht weist Klage ab - Berufung vor dem Landes­a­r­beits­gericht erfolgreich

Den Antrag der Klägerin auf Unterlassung dieser Weisung und Weiter­be­schäf­tigung von zu Hause oder dem bisherigen Büro aus hat das Arbeitsgericht Darmstadt abgewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg.

Reiseaufwand und Abwesen­heits­zeiten unzumutbar hinsichtlich Vereinbarung von Kinderbetreuung und Beruf

Das Landes­a­r­beits­gericht untersagte dem Arbeitgeber die Weisung, die Klägerin an zwei Tagen pro Woche in London arbeiten zu lassen und verpflichtete den Arbeitgeber, die Klägerin weiter von zu Hause oder dem bisherigen Büro aus arbeiten zu lassen. Das Landes­a­r­beits­gericht hielt es schon für nicht erwiesen, dass die bisherige Niederlassung des Arbeitgebers nahe dem Wohnort der Klägerin tatsächlich geschlossen worden war. Jedenfalls komme die Weisung einer unzulässigen "Strafversetzung" gleich. Die wöchentliche Reise von Frankfurt am Main nach London zur Arbeitsleistung an zwei Tagen nehme allein deutlich mehr als einen Arbeitstag in Anspruch. Den vereinbarten 30 Arbeitsstunden pro Woche stünde ein Reiseaufwand und Abwesen­heits­zeiten von mindestens gleicher Zeit gegenüber. Dies sei unzumutbar und sprenge das vereinbarte Modell zur Vereinbarung von Kinderbetreuung und Beruf vollends.

Interesse des Arbeitgebers müssen im vorliegenden Fall zurückstehen

Das Interesse des Arbeitgebers, die Klägerin als Leiterin der Rechtsabteilung regelmäßig am Sitz des Arbeitgebers in London zu sehen, müsse demgegenüber und angesichts der bisherigen Praxis der betrieblichen Kommunikation zurückstehen.

Weisung des Arbeitgebers beschränkt Arbeitnehmer in Persön­lich­keits­rechten

Das Landes­a­r­beits­gericht hielt es auch für geboten, dies im einstweiligen Verfü­gungs­ver­fahren zu entscheiden. Zwar werde es regelmäßig als zumutbar angesehen, in ähnlichen Fällen eine Klärung im üblichen Klageverfahren herbeizuführen und die Weisung so lange zu befolgen. Anders sei dies nur, wenn Weisungen offenkundig rechtswidrig sind und den betreffenden Arbeitnehmer in seinem Persön­lich­keitsrecht beschränken oder andere erhebliche Beein­träch­ti­gungen in der Lebensführung des Arbeitnehmers drohen. Dies hat das Hessische Landes­a­r­beits­gericht im vorliegenden Fall angenommen.

Quelle: Hessisches Landesarbeitsgericht/ra-online

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