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- Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil10.01.2006, 5 Ca 3700/04
Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil12.04.2007
Verhaltensbedingte Kündigung eines Journalisten wegen unklarer Honorareinnahmen zulässig
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat entschieden, die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung eines Wirtschaftsredakteurs sei aufgrund des Erhalts von mehr als € 50.000,00 an Honoraren, für die keine gleichwertige Gegenleistung erkennbar war, wirksam. Der Mitarbeiter habe hierdurch zumindest seine nebenvertraglichen Rücksichtnahmepflichten gegenüber seinem Arbeitgeber verletzt.
Hintergrund des Rechtsstreits war, dass ein langjährig bei einer überregionalen Tageszeigung für bestimmte Bereiche zuständiger Redakteur für eine Autorentätigkeit eine Nebentätigkeitsgenehmigung von seinem Arbeitgeber erhalten hatte. In der Folgezeit stellte er gegenüber seinem Auftraggeber für diese journalistische Tätigkeit in einem Zeitraum von ca. 2 Jahren Rechnungen über insgesamt mehr als € 50.000,00. Der Arbeitgeber kündigte dem Redakteur zunächst fristlos und hilfsweise ordentlich wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Diese Kündigungen wurden jedoch im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens wegen formeller Mängel für unwirksam erklärt. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber nochmals ordentlich das Arbeitsverhältnis. Der Redakteur klagte wiederum vor dem Arbeitsgericht und behauptete, den gestellten Rechnungen läge eine von ihm erbrachte journalistische Tätigkeit zu Grunde, die er im Rahmen der ihm von seinem Arbeitgeber genehmigten Nebentätigkeit erbracht habe. Im Übrigen meinte er, die erneute Kündigung sei als Wiederholungskündigung unwirksam.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Auch das Hessische Landesarbeitgericht ist zu der Auffassung gekommen, der Kläger habe im Zusammenhang mit den erhaltenen Zahlungen gegen Rechungsstellung zumindest seine nebenvertraglichen Rücksichtnahmepflichten gegenüber seinem Arbeitgeber verletzt.
Das Berufungsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angenommen, der Arbeitnehmer habe seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebes nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Insbesondere bei Arbeitnehmern in einer leitenden Position im Betrieb oder Arbeitnehmern, die mit ihrer Tätigkeit spezifische Vertragspflichten übernommen haben, habe ihre Stellung unmittelbaren Einfluss auf die vertragliche Pflichtenstruktur. Dies gelte umso mehr, wenn berechtigte Belange des Arbeitgebers erheblich gestört werden, weil das Verhalten des Arbeitnehmers geeignet sei, den Ruf des Arbeitgebers im Geschäftsverkehr zu gefährden.
Weil es in der Sache unklar geblieben war, wofür der Redakteur Honorarzahlungen von mehr als € 50.000,00 erhalten hatte, insbesondere welche werthaltige journalistische Gegenleistung er dafür erbracht hatte, sei der Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt gewesen. Dem gekündigten Redakteur sei vorzuhalten, dass er über € 50.000,00 ohne genaue Absprache über seine Beauftragung und ohne im Einzelnen zuzuordnende Gegenleistungen erhalten habe. Er könne sich auch nicht auf die erteilte Nebentätigkeitsgenehmigung berufen, denn diese habe nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag nur eine gelegentliche journalistische Nebentätigkeit abgedeckt. Damit lag nach Auffassung der Berufungskammer eine schwere Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht des Klägers gegenüber dem Arbeitgeber vor. Ihn hätten als Journalist hinsichtlich der Wahrung der journalistischen Unabhängigkeit spezifische Vertragspflichten getroffen. Gleichwohl habe er als zuständiger Redakteur in seinem journalistischen Zuständigkeitsbereich erhebliche Beträge erhalten, ohne dass diesen Zahlungen eine klar umrissene Beauftragung und im Einzelnen zuzuordnende Leistungen zugrunde lagen. Diese Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflichten wiege besonders schwer als der Redakteur aufgrund seines beruflichen Aufgabenfeldes als Journalist in besonderem Maße dazu verpflichtet gewesen sei, das Vertrauen Außenstehender und des Arbeitgebers in die von ihm geleistete journalistische Arbeit sowie in die unabhängige Berichterstattung der vom Arbeitgeber herausgegebenen Zeitung nicht zu erschüttern. Es habe sich bei der Kündigung auch nicht um eine unzulässige Wiederholungskündigung gehandelt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.09.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 14/07 des LAG Hessen vom 10.09.2007
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