15.11.2024
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil10.11.2010

Rechtsanwalt ist BaFin nicht zur Auskunft über Geschäfts- und Kontounterlagen verpflichtetVerschwie­gen­heits­pflicht gilt auch, wenn der Mandant selbst zur Auskunft verpflichtet wäre

Der hessische Verwal­tungs­ge­richtshof hat der Klage eines Rechtsanwalts gegen eine Verfügung der Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (BaFin) stattgegeben und das entge­gen­stehende Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main aufgehoben.

Im hiesigen Rechtsstreit hatte die BaFin von dem Rechtsanwalt verlangt, ihr sämtliche Geschäfts- und Kontounterlagen vorzulegen, welche seine Tätigkeit im Zusammenhang mit zwei ausländischen Gesellschaften betreffen. Die Behörde hatte festgestellt, dass der Rechtsanwalt auf einem von ihm geführten Girokonto größere Geldbeträge unter­schied­licher Zahlungs­an­weiser angenommen hatte, bei denen der Verwen­dungszweck regelmäßig auf die ausländischen Gesellschaften hinwies.

Verdacht auf Betreiben von Bankgeschäften und Finanz­dienst­leis­tungen

Die BaFin begründete ihr Auskunfts- und Vorle­gungs­ver­langen damit, dass der Verdacht bestehe, dass der Rechtsanwalt ohne notwendige Erlaubnis Bankgeschäfte betreibe oder Finanz­dienst­leis­tungen im Sinne des Kredit­we­sen­ge­setzes erbringe oder in unerlaubte Geschäft­s­tä­tig­keiten der beiden Gesellschaften einbezogen sei.

RA beruft sich auf Verschwie­gen­heits­pflicht

In seiner gegen das Auskunfts- und Vorle­gungs­ver­langen der BaFin gerichteten Klage berief sich der Rechtsanwalt darauf, aufgrund seiner anwaltlichen Pflicht zur Verschwie­genheit dem behördlichen Auskunfts- und Vorle­gungs­er­suchen nicht nachkommen zu können. Die Aufgaben, mit denen er durch die Gesellschaften betraut worden sei, habe er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt ausgeübt. Er sei im Rahmen eines Wirtschafts­mandats beauftragt worden, die Gesell­schaf­ter­beiträge über ein von ihm eingerichtetes

Rechtsanwaltsanderkonto auf Verdachtsfälle nach dem Geldwä­sche­gesetz zu überprüfen.

Verwal­tungs­gericht: Anwalt kann sich gegenüber BaFin nicht auf Schweigepflicht berufen

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Rechtsanwalt könne sich bezüglich der Aufforderung der BaFin nicht auf seine anwaltliche Schweigepflicht berufen. Diese reiche nur so weit, wie die Mandantinnen nach dem Kredit­we­sen­gesetz selbst zur Auskunft verpflichtet seien.

VGH: Grundsätzlich besteht nach Kredit­we­sen­gesetz Auskunfts­pflicht, aber …

Dieser Argumentation ist der 6. Senat des hessischen Verwal­tungs­ge­richtshofs in seinem Urteil nicht gefolgt. Zwar könne die Behörde aufgrund der Dienst­leis­tungen, die der Rechtsanwalt für die beiden Gesellschaften erbringe, grundsätzlich nach dem Kredit­we­sen­gesetz Auskunft verlangen, denn der Kläger sei als Treuhänder unternehmerisch im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Kredit­we­sen­ge­setzes in die Abwicklung (möglicher) Bankgeschäfte oder Finanz­dienst­leis­tungen der auftraggebenden Gesellschaften einbezogen.

… Rechtsanwalt kann sich aber auf Verschwie­gen­heits­pflicht berufen

Gleichwohl sei der Rechtsanwalt im speziellen Fall nicht zur Auskunft über seine treuhänderische Tätigkeit verpflichtet, weil er sich diesbezüglich auf seine Verschwiegenheitspflicht nach der Bundes­rechts­an­walts­ordnung und der Berufsordnung für Rechtsanwälte berufen könne. Diese Verschwie­gen­heits­pflicht beziehe sich auf alles, was dem Anwalt in Ausübung seines Berufes bekannt geworden sei.

Verschwie­gen­heits­pflicht gilt auch, wenn der Mandant selbst zur Auskunft verpflichtet wäre

Sie ende entgegen der Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts und der Behörde auch nicht dort, wo der Mandant selbst Auskunft geben müsse. Etwas anderes gelte grundsätzlich nur dann, wenn der Mandant selbst auf den ihm durch die Verschwie­gen­heits­pflicht gewährten Schutz verzichte.

Erläuterungen
§ 43 Bundes­rechts­an­walts­ordnung:

Der Rechtsanwalt ist zur Verschwie­genheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ ra-online

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