18.10.2024
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Sie sehen den Anfang eines Landschaftschutzgebietes.

Dokument-Nr. 7236

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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss02.01.2009

BUND scheitert mit Antrag gegen Ausbau des Flughafens Frankfurt Main

Der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof hat den Antrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Landesverband Hessen, abgelehnt, die Vollziehung des vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landes­ent­wicklung (Planfest­stel­lungs­behörde) am 18. Dezember 2007 erlassenen Planfest­stel­lungs­be­schlusses für den Ausbau des Flughafens Frankfurt Main auszusetzen, bis über die in der Hauptsache erhobene Anfech­tungsklage entschieden ist.

In der mehr als 220 Seiten umfassenden Begründung seiner Entscheidung führt der 11. Senat des Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshofs aus, dass der Planfest­stel­lungs­be­schluss voraussichtlich gegen keine Rechts­vor­schriften verstoße, deren Verletzung der BUND geltend machen könne, d. h. von Bestimmungen, die zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschafts­pflege zu dienen bestimmt sind. Aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, nach der luftver­kehrs­rechtliche Planfest­stel­lungs­be­schlüsse sofort vollziehbar sind, sei das Gericht bei dieser Konstellation nicht befugt zu prüfen, ob derzeit eine besondere Dringlichkeit für die Realisierung des Ausbaus bestehe.

Im einzelnen führt der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof zur Begründung seiner Entscheidung aus, der Planfest­stel­lungs­be­schluss genüge voraussichtlich den Anforderungen des europäischen Natur­schutz­rechts wie der Flora-Fauna-Habita­trichtlinie (FFH-Richtlinie) und der Vogel­schutz­richtlinie. Die Planfest­stel­lungs­behörde sei zutreffend davon ausgegangen, dass die FFH-Gebiete "Kelsterbacher Wald" und "Mark- und Gundwald zwischen Rüsselsheim und Walldorf" durch Inanspruchnahme von Flächen, die für die Flugha­fe­n­er­wei­terung benötigt werden, erheblich beeinträchtigt würden. Für den Bau der neuen Landebahn Nordwest werden im Kelsterbacher Wald ca. 226 ha und für die Errichtung eines neu strukturierten Fracht- und Wartungs­zentrums im Mark- und Gundwald ca. 48 ha in Anspruch genommen. Weitergehende Beein­träch­ti­gungen von FFH- und Vogel­schutz­ge­bieten im Umfeld des Flughafens habe die Planfest­stel­lungs­behörde zutreffend verneint. Sie habe sich hinreichende Gewissheit davon verschafft, dass die geschützten Gebiete, die sich im Umfeld des Flughafens befinden, von Schad­s­t­of­fim­mis­sionen des zukünftig zunehmenden Flugverkehrs nicht erheblich beeinträchtigt würden. Auch die zu erwartende Zunahme der Lärmimmissionen werde nach den nicht zu beanstandenden Untersuchungen der Planfest­stel­lungs­behörde nicht zu einer relevanten Störung der geschützten Vogel- oder Fledermausarten dieser Gebiete führen. Die geschützte Avifauna werde schließlich auch nicht durch Vogel­schla­ge­r­eignisse in einer Weise beeinträchtigt werden, die sich negativ auf den Erhal­tungs­zustand der betroffenen Vogelarten auswirken könnte.

Nicht zu beanstanden sei auch die Auffassung der Planfest­stel­lungs­behörde der Kelsterbacher Wald sei kein sog. faktisches Vogel­schutz­gebiet . Der Einwand des BUND, dieses Waldgebiet hätte als eines der für den Erhalt des Mittel- und Schwarzspechts geeignetsten Gebiete in Hessen unter entsprechenden Schutz gestellt werden müssen, sei unbegründet.

Trotz der erheblichen Beein­träch­ti­gungen der FFH-Gebiete "Kelsterbacher Wald" und "Mark- und Gundwald zwischen Rüsselsheim und Walldorf" durch Flächenverluste habe die Planfest­stel­lungs­behörde das Ausbauvorhaben zu Recht zugelassen, so das Gericht in seiner weiteren Begründung. Die mit dem Vorhaben bezweckte Befriedigung der zutreffend für das Jahr 2020 prognos­ti­zierten Luftver­kehr­s­nachfrage (88,6 Mio. Passagiere und 4,6 Mio. Tonnen Luftfracht bei 701.000 Flugbewegungen) liege im überwiegenden öffentlichen Interesse. Ein kohärenter Ausgleich für die Beein­träch­ti­gungen der FFH-Gebiete erfolge dadurch, dass überwiegend zusam­men­hängende Waldflächen in einer Größe von ca. 1.800 ha südlich des Flugha­fen­ge­ländes neu in das europäische Schutz­ge­bietsnetz "Natura-2000" integriert würden.

Es bestünden auch keine zumutbaren Alternativen, die es ermöglichten, den notwendigen Ausbau ohne oder mit geringeren Beein­träch­ti­gungen der FFH-Gebiete durchzuführen. Insbesondere die im Planfest­stel­lungs­ver­fahren alternativ diskutierten Varianten "Nordost" und "Süd" erwiesen sich nicht als vorzugswürdig, da auch bei ihrer Verwirklichung geschützte Gebiete erheblich beeinträchtigt würden.

Schließlich stehe auch das Arten­schutzrecht der Flugha­fe­n­er­wei­terung nicht entgegen. Zwar würden zahlreiche arten­schutz­rechtliche Verbot­s­tat­be­stände erfüllt. Diese Verbote seien jedoch - in europa­rechts­kon­former Weise - durch die Zulassung einer Ausnahme überwunden worden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 01/09 des VGH Hessen vom 07.01.2009

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