21.11.2024
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Dokument-Nr. 6263

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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil24.06.2008

Ehemaliger Bundes­bank­prä­sident Welteke erhält mehr Pension

Vor dem Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshof hat der ehemalige Bundes­bank­prä­sident Ernst Welteke einen Teilerfolg erzielt. In zwei Berufungs­ver­fahren hat das Gericht entschieden, dass ihm ein Anspruch auf Gewährung einer Alter­s­ent­schä­digung für die Zeit als Mitglied des Hessischen Landtags zusteht. Ohne Erfolg blieb hingegen die Berufung, mit der Herr Welteke seinen Anspruch gegen die Deutsche Bundesbank weiterverfolgt hat, ihm für die Zeit seiner Präsidentschaft vom 1. September 1999 bis 22. April 2004 ein Ruhegehalt auf der Grundlage eines Ruhege­halts­satzes von 65,98 % seiner ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge zu gewähren.

In dem Verfahren gegen das Land Hessen (Az.: 1 UE 319/07) hatte der Präsident des Hessischen Landtags die Gewährung einer Alter­s­ent­schä­digung an Herrn Welteke für die Zeit seiner Mitgliedschaft im Hessischen Landtag (vom 1. Dezember 1974 bis 4. August 1983 und vom 4. Oktober 1983 bis 4. April 1995) abgelehnt, weil die ihm von der Deutschen Bundesbank aus seinem Amt als Bundes­bank­prä­sident gewährten Versor­gungs­bezüge die nach dem Hessischen Abgeord­ne­ten­gesetz vorgesehene sog. Ruhensgrenze von 4.841,12 € übersteige. Diese Entscheidung hatte das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 11. Dezember 2006 im Ergebnis bestätigt und zur Begründung ausgeführt, die insoweit einschlägige, bis zum 5. Juli 2007 geltende Vorschrift des 21 Abs.1 Hessisches Abgeord­ne­ten­gesetz sei restriktiv in dem Sinne auszulegen, dass sie nur solche Fälle erfasse, in denen das Abgeord­ne­ten­mandat der maßgeblichen Verwendung im öffentlichen Dienst nachfolge oder diese unterbreche. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall.

Die dagegen von Herrn Welteke eingelegte Berufung hatte vor dem Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshof Erfolg. Das Berufungs­gericht ist der Argumentation des erstin­sta­nz­lichen Gerichts nicht gefolgt. Nach der Entscheidung des zuständigen 1. Senats des Verwal­tungs­ge­richtshofs kann der Kläger unter Berufung auf die hier anzuwendende frühere Regelung des Hessischen Abgeord­ne­ten­ge­setzes mit Erfolg geltend machen, dass bei der Berechnung der maßgeblichen Ruhensgrenze anstelle der Grundent­schä­digung für Landtags­ab­ge­ordnete seine höheren ruhege­halt­fähigen Amtsbezüge als Bundes­bank­prä­sident anzusetzen sind. Dies folge sowohl aus dem Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift, die vom hessischen Landes­ge­setzgeber erst im Juli 2007 geändert worden sei. Da die dem Kläger zustehende Alter­s­ent­schä­digung und seine Versor­gungs­ansprüche gegen die Deutsche Bundesbank 75 % seiner früheren Amtsbezüge als Bundes­bank­prä­sident in Höhe von 23.109,16 € nicht überstiegen, ruhe auch sein Anspruch auf Alter­s­ent­schä­digung für die Zeit als Abgeordneter des Hessischen Landtags nicht. Das Land Hessen sei deshalb verpflichtet, ab dem 1. Mai 2004 eine Alter­s­ent­schä­digung in Höhe von 71 % der Grundent­schä­digung für Abgeordneten des Landtages zu zahlen.

In einem zweiten, gegen die Deutsche Bundesbank gerichteten Verfahren (Az.: 1 UE 2606/07) hatte der ehemalige Bundes­bank­prä­sident geltend gemacht, ihm stehe ein Ruhegehalt auf der Grundlage eines Ruhege­halts­satzes in Höhe von 65,98 % der ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge statt der festgesetzten 37 % zu, weil auch die Zeiten, in denen er Mitglied des Hessischen Landtags war, ohne zugleich ein Ministeramt innegehabt zu haben (1. Dezember 1974 bis 4. August 1983 und 4. Oktober 1983 bis 4. April 1991), als ruhege­halt­fähige Dienstzeit berücksichtigt werden müssten. Dies hatte die Deutsche Bundesbank abgelehnt. Auf die dagegen erhobene Klage hatte das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main in seiner mündlichen Urteils­ver­kündung zwar festgestellt, dass dem Kläger ein Ruhegehalt auf der Grundlage eines Ruhege­halts­satzes in Höhe von 54,13 % zustehe, in der schriftlichen Urteils­be­gründung jedoch ausgeführt, dass tatsächlich nur ein Anspruch in Höhe eines Ruhege­halts­satzes von 37 % bestehe und der in der mündlich verkündeten Entschei­dungs­formel enthaltene Ruhegehaltssatz von 54,13 % auf einem Additionsfehler beruhe.

Die dagegen von der Bundesbank eingelegte Beschwerde hatte vor dem Hessischen Verwal­tungs­ge­richtshof Erfolg, während die von Herrn Welteke eingelegte (Anschluss-)Berufung zurückgewiesen wurde.

In der Begründung führt das Berufungs­gericht aus, gegenüber der Deutschen Bundesbank habe der Kläger einen Ruhege­halts­an­spruch auf der Grundlage eines Ruhege­halts­satzes von 37 % seiner ruhege­halt­fähigen Amtsbezüge als früherer Bundes­bank­prä­sident. Entgegen seiner Auffassung sei er trotz des Fehlens eines von ihm unterzeichneten Entlas­sungs­antrags wirksam aus seinem Amt als Bundes­bank­prä­sident ausgeschieden. Er habe seinen Willen, von diesem Amt zurückzutreten, vor seiner Entlassung eindeutig und wirksam erklärt. Gründe für eine wirksame Anfechtung seiner damaligen Rücktritts­er­klärung seien nicht ersichtlich. Bei der Festsetzung der ruhege­halt­fähigen Dienstzeit habe die Bundesbank zu Recht die Zeiten, in denen ihr ehemaliger Präsident Mitglied des Hessischen Landtags war, ohne zugleich ein Ministeramt innegehabt zu haben, nicht als ruhege­halt­fähige Dienstzeit berücksichtigt. Diese streitigen Abgeord­ne­ten­zeiten seien nach dem zugrun­de­lie­genden Anstel­lungs­vertrag zwischen dem Kläger und der Bundesbank in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften des Beamten­ver­sor­gungs­ge­setzes nicht als ruhege­halt­fähige Dienstzeiten anrech­nungsfähig. Auch wenn die vielfältigen Kenntnisse und Erfahrungen, die der Kläger während seiner Zeit als Abgeordneter des Hessischen Landtags aufgrund der dort ausgeübten Funktionen erworben habe, für sein späteres Amt als Bundes­bank­prä­sident förderlich und nützlich gewesen seien, könne nicht festgestellte werden, dass seine spätere Tätigkeit als Bundes­bank­prä­sident ohne den Erwerb gerade dieser Kenntnisse nicht hätte ausgeübt werden können oder gar seine Berufung in dieses Amt ohne diese Kenntnisse nicht erfolgt wäre. Gegen die Ruhege­halt­fä­higkeit der Zeiten als Landtags­ab­ge­ordneter spreche im Übrigen auch der Grundsatz der Vermeidung einer Doppel­ver­sorgung aus öffentlichen Kassen, denn der Kläger habe aufgrund dieser Zeiten einen Anspruch auf Gewährung einer Alter­s­ent­schä­digung als Abgeordneter gegen das Land Hessen. Gemäß den bis zum 31. Dezember 2002 geltenden, einschlägigen Bestimmungen des Beamten­ver­sor­gungs­ge­setzes betrage das Ruhegehalt für Beamte auf Zeit nach einer Amtszeit von acht Jahren 35 % der ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge zzgl. 2 % für jedes weitere volle Amtsjahr als Beamter auf Zeit. Der Kläger habe als ehemaliger Bundes­bank­prä­sident somit einen Anspruch auf Ruhegehalt gegenüber der Bundesbank auf der Grundlage von 37 % seines ruhege­halt­fähigen Gehaltes von 23.109,16 €, also in Höhe von 8.550,39 €. Soweit seine Klage und seine anschließende Berufung hierüber hinausgingen, seien sie nicht begründet.

Erläuterungen

§ 21 Abs. 1 des Hessischen Abgeord­ne­ten­ge­setzes in der hier anzuwendenden Fassung lautet:

"Treffen Versor­gungs­ansprüche nach diesem Gesetz mit Versor­gungs­ansprüchen aus einer Mitgliedschaft im Europäischen Parlament oder einer Verwendung im öffentlichen Dienst oder mit Rente­n­ansprüchen zusammen, so ruhen die Versor­gungs­ansprüche nach diesem Gesetz, soweit sie und die anderen Ansprüche 75 vom Hundert der Grundent­schä­digung nach § 5 Abs. 1 übersteigen. Sind jedoch die ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge höher als die Grundent­schä­digung nach § 5 Abs. 1, so ruhen die Versor­gungs­ansprüche nach diesem Gesetz, soweit sie und die anderen Ansprüche 75 vom Hundert der ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge übersteigen."

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/08 des VGH Hessen vom 24.06.2008

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