24.11.2024
24.11.2024  
Sie sehen ausschnittsweise zwei FrauenKI generated picture

Dokument-Nr. 10817

Drucken
Urteil21.09.2000Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg10 U 11/00
Vorinstanz:
  • Landgericht Hamburg, Urteil14.01.2000, 324 O 447/99
ergänzende Informationen

Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg Urteil21.09.2000

Kino-Gutschein: Gültig­keits­be­fristung darf Beschenkten nicht unangemessen benachteiligenVerfallsdatum des Gutscheins darf nicht wenige Tage nach Verkaufsdatum liegen

Eine auf einem Kino-Geschenk­gut­schein aufgedruckte Klausel zur Gültig­keits­be­schränkung und ein nur in kurzem Zeitabstand hinter dem Verkaufsdatum liegendes Verfallsdatum des Gutscheins stellen eine unangemessene Benachteiligung des Beschenkten dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamburg hervor.

Im zugrunde liegenden Rechtsstreit stritten die Parteien darüber, ob eine Gültig­keits­be­fristung nach § 9 AGBG (seit 1.1.2002: § 307 BGB) zulässig ist.

Erwerber des Gutscheins hält Befristung für unzulässig

Der beklagte Kinobetreiber hatte auf Kinogutscheine die Klausel "dieser Gutschein ist im o.a. Kino bis zum … gültig" aufgedruckt. Der Erwerber des Gutscheins hielt eine solche Befristung für eine unangemessene Benachteiligung.

LG und OLG hinsichtlich einer unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben uneinig

Das Landgericht Hamburg sah die Vorraus­set­zungen für einen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften des § 9 AGBG (seit 1.1.2002: § 307 BGB), die sich auf eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben seitens des Vertrags­partners des Verwenders beziehen, als nicht gegeben an. Dieser Auffassung schloss sich das Oberlan­des­gericht Hamburg nicht an und befand die hier praktizierte Gültig­keits­be­fristung durchaus für einen Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften des § 9 AGBG, da die Bestimmung in den allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen wesentliche Rechte oder Pflichten des Vertrags­partners bzw. des Beschenkten so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet sei.

Kinogutschein ist ein Inhaberpapier gemäß § 807 BGB

Das OLG stellte zunächst fest, dass es sich bei dem Gutschein um ein Inhaberpapier gemäß § 807 BGB handele. Eine Befristung des Leistungs­ver­sprechens sei dem Grunde nach gemäß § 796 BGB möglich. Der Aussteller könne Einwendungen in die Urkunde aufnehmen, z.B. eine Gültig­keits­be­fristung.

Kinogutschein muss innerhalb angemessener Zeit einlösbar sein

Ein Gutschein habe das Ziel, dass der Schenker dem Beschenkten statt Bargeld ein verbrieftes Leistungsrecht weitergibt. Diese Art der Weitergabe sei jedoch nur dann zu erreichen, wenn der Beschenkte auch tatsächlich in der Lage ist, den Kinogutschein innerhalb angemessener Zeit nach Erhalt einzulösen. Dieses wiederum hänge vom Verfalldatum ab, das auf dem Gutschein aufgedruckt ist.

Erreichung des Vertragszweckes durch kurze Befristung gefährdet

Ein Verfall innerhalb nur weniger Tage oder auch Wochen nach Erwerb durch den Schenker würde die Rechte des Vertrags­partners der Beklagten in einer Weise einschränken, die die Erreichung des Vertragszweckes gefährdeten und benachteilige ihn damit entgegen den Geboten von Treu und Glauben in unangemessener Weise.

Gültig­keits­be­fris­tungen bei Geschenk­gut­scheinen nicht generell unzulässig

Ein in kurzem Zeitabstand hinter dem Verkaufsdatum liegendes Verfalldatum führe somit zur Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel. Dies würde jedoch nicht bedeuten, dass Gültig­keits­be­fris­tungen bei Geschenk­gut­scheinen generell unzulässig seien. Da die Spanne hierbei von einer möglichen Zulässigkeit bis zu einer festgestellten Unzulässigkeit reiche, müsse der Kinobetreiber die Geschäfts­be­din­gungen so zu formulieren, dass die Gefahr der Unwirksamkeit gar nicht erst entstehe.

Konkrete Frist zur Einlösung des Gutscheins nicht gegeben

Eine konkrete, angemessene Frist zur Einlösung des Gutscheins ist dem Urteil des Oberlan­des­ge­richts Hamburg nicht entnehmbar. In der mündlichen Verhandlung war bei den beiden Parteien jedoch einem Zeitraum von zwei Jahren ab Ausstellung des Gutscheins im Gespräch.

Quelle: ra-online, Hanseatisches Oberlandesgericht (vt/ac)

der Leitsatz

§ 796 BGB, § 9 Abs. 2 Ziff. 2 iVm. Abs. 1 AGBG (rao)

Ein Geschenk­gut­schein darf nicht kurz nach dem Verkauf verfallen. Eine entsprechende Klausel ist unwirksam.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil10817

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI