Gericht der Europäischen Union Urteil09.07.2025
Gericht der Europäischen Union Urteil09.07.2025
Melamin bleibt auf EU-Liste der besonders besorgniserregenden StoffeMelamin könnte Gesundheit gefährden
Melamin ist eine chemische Verbindung, die hauptsächlich zur Herstellung von Kunststoffen, Harzen und Klebstoffen verwendet wird. Melamin ist bekannt für seine Härte, Kratzfestigkeit und Hitzebeständigkeit, weshalb es u.a. auch oft als Material für Geschirr und Küchenutensilien verwendet wird. Es gibt Bedenken hinsichtlich möglicher Gesundheitsrisiken, insbesondere bei Erhitzung oder unsachgemäßer Verwendung. Das Gericht der Europäischen Union hat den Beschluss der Europäischen Chemikalienagentur, Melamin als Stoff einzustufen, der wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt hat, bestätigt.
Am 26. August 2022 reichte die zuständige deutsche Behörde bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ein Dossier ein, das die Ermittlung von Melamin als besonders besorgniserregenden Stoff befürwortete, d. h. einen chemischen Stoff, der wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt im Sinne der REACH-Verordnung1 hat. Nach Eingang der Bemerkungen der interessierten Kreise und nach einstimmiger Entscheidung im Ausschuss der Mitgliedstaaten erließ die ECHA am 16. Dezember 2022 einen Beschluss, in dem Melamin mit der Begründung als besonders besorgniserregender Stoff ermittelt wurde, dass es wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt hat.
Mehrere Unternehmen mit Sitz in Deutschland, Österreich, Belgien, der Schweiz und den Vereinigten Staaten, die Melamin herstellen oder nutzen – u. a. die LAT Nitrogen Piesteritz GmbH, die Cornerstone Chemical Co. und die Fritz Egger GmbH & Co. OG –, haben beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Nichtigerklärung dieses Beschlusses erhoben. In seinen beiden Urteilen weist das Gericht ihr gesamtes Vorbringen zurück und weist daher ihre Klagen ab.
Das Gericht äußert sich zum einen zu dem Begriff „inhärente Eigenschaften“ einer Chemikalie und zum anderen zu dem Vorbringen, das sich auf das Recht der interessierten Kreise bezieht, im Verfahren zur Ermittlung besonders besorgniserregender Stoffe Stellung zu nehmen.
Melamin könnte Gesundheit gefährden
Erstens weist es darauf hin, dass zur Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse u. a. festgestellt werden muss, dass der Stoff wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt hat, was eine Prüfung der durch die inhärenten Eigenschaften des Stoffes bedingten Gefahren erfordert.
Der Begriff „Gefahr“ bezeichnet jedes Produkt oder Verfahren, das eine schädliche Wirkung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben kann. Hierzu stellt das Gericht fest, dass die Ermittlung eines Stoffes als besonders besorgniserregend nicht voraussetzt, dass eine inhärente Eigenschaft für sich genommen und als solche wahrscheinlich eine schwerwiegende Wirkung hat. Sie muss jedoch eine Wirkung haben, die in Verbindung mit anderen Wirkungen aufgrund anderer inhärenter Eigenschaften wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt hat.
Daher können bei der Feststellung, ob ein Stoff wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt hat, Wirkungen von Eigenschaften berücksichtigt werden, die den Verbleib des Stoffes in der Umwelt betreffen, wie etwa seine Persistenz, seine Mobilität und sein Potenzial für die Verbreitung über weite Entfernungen. Das Gericht stellt folglich fest, dass die ECHA keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.
Zweitens weist das Gericht auch das Vorbringen der Unternehmen zurück, dass ihr Recht auf Anhörung im Verfahren zum Erlass des Beschlusses der ECHA nicht gewahrt worden sei.
Es weist darauf hin, dass die REACH-Verordnung den interessierten Kreisen kein Recht auf Anhörung im Verfahren garantiert. Sie sieht lediglich eine öffentliche Anhörung vor, die ihnen keine besonderen Verfahrensrechte außer dem Recht zur Vorlage von Bemerkungen einräumt. Ebenso haben die interessierten Kreise, die als Beobachter an der Sitzung des Ausschusses der Mitgliedstaaten teilnehmen, lediglich die Möglichkeit, zu bestimmten und gegebenenfalls im Voraus festgelegten Punkten Stellung zu nehmen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.08.2025
Quelle: Gericht der Europäischen Union, ra-online (pm/pt)