18.10.2024
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Gericht der Europäischen Union Urteil25.07.2018

EuGH zu "Kit Kat 4 Fingers" als UnionsmarkeRechtsmittel von Nestlé, EUIPO und Mondelez zurückgewiesen

Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) muss erneut prüfen, ob die dreidi­men­sionale Form des Produkts "Kit Kat 4 Finger" als Unionsmarke aufrecht­er­halten werden kann. Dies hat der Europäische Gerichtshof bekanntgegeben.

Im hier zu entscheidenden Fall meldete das Unternehmen Nestlé beim EUIPO das nachstehende dreidi­men­sionale Zeichen, das dem von ihr vermarkteten Produkt "Kit Kat 4 Finger" entspricht, als Unionsmarke an. Das EUIPO trug die Marke im Jahr 2006 für folgende Waren ein: "Bonbons; Bäcke­rei­er­zeugnisse, feine Backwaren, Kleingebäck; Kuchen, Waffeln".

EUIPO weist Nichtig­keitsklage der Cadbury Schweppes zurück

Im Jahr 2007 beantragte Cadbury Schweppes, nunmehr Mondelez UK Holdings & Services, beim EUIPO die Nichti­g­er­klärung der Marke. Im Jahr 2012 wies das EUIPO diesen Antrag mit der Erwägung zurück, dass die Marke von Nestlé aufgrund ihrer Benutzung in der Union Unterscheidungskraft erlangt habe (im Folgenden auch bezeichnet als: Verkehrs­durch­setzung). Mondelez beantragte daraufhin beim Gericht der Europäischen Union die Aufhebung der Entscheidung des EUIPO.

Entscheidung der EUIPO aufgehoben

Mit Urteil vom 15. Dezember 2016 (T-112/13) hob das Gericht die Entscheidung des EUIPO auf. Es stellte fest, dass das EUIPO einen Fehler begangen habe, als es den Schluss gezogen habe, dass die streitige Marke infolge ihrer Benutzung in der Union Unter­schei­dungskraft erlangt habe, obwohl dies nur für einen Teil des Unionsgebiets nachgewiesen worden sei.

Prüfung durch EUIPO nicht rechtsgültig abgeschlossen

Obgleich festgestellt wurde, dass die angefochtene Marke in zehn Ländern (Dänemark, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Finnland, Schweden und Vereinigtes Königreich) Unter­schei­dungskraft durch Benutzung erlangt hatte, befand das Gericht, dass das EUIPO seine Prüfung nicht rechtsgültig habe abschließen können, ohne sich zur Wahrnehmung dieser Marke durch maßgebliche Verkehrskreise in insbesondere vier anderen Mitgliedstaaten (Belgien, Irland, Griechenland und Portugal) zu äußern und die für diese Mitgliedstaaten vorgelegten Beweise zu prüfen.

Nestlé, Monelez und EUIPO legen Rechtsmittel ein

Nestlé, Mondelez und das EUIPO haben beim Gerichtshof gegen das Urteil des Gerichts ein Rechtsmittel eingelegt. Mondelez beanstandet die Feststellung des Gerichts, wonach die streitige Marke in Dänemark, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Österreich, Finnland, Schweden und dem Vereinigten Königreich Unter­schei­dungskraft durch Benutzung erlangt habe. Nestlé und das EUIPO machen geltend, das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass der Inhaber einer Unionsmarke nachweisen müsse, dass diese Marke in jedem einzelnen Mitgliedstaat infolge ihrer Benutzung Unter­schei­dungskraft erlangt habe. Diese Auslegung des Gerichts sei mit der Einheitlichkeit der Unionsmarke und dem einheitlichen Markt selbst unvereinbar.

Rechtsmittel von Mondelez unzulässig

In seinem Urteil entscheidet der Gerichtshof, dass das von Mondelez eingelegte Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen ist, da es nicht die Aufhebung der Entschei­dungs­formel des angefochtenen Urteils, sondern nur die Änderung bestimmter Urteilsgründe bezweckt.

EuGH zur Eintragung einer Marke ohne originäre Unter­schei­dungskraft

Anschließend prüft der Gerichtshof die Rechtsmittel von Nestlé und vom EUIPO: Der Gerichtshof verweist auf seine Rechtsprechung, nach der ein Zeichen ohne originäre Unter­schei­dungskraft nur dann als Unionsmarke eingetragen werden kann, wenn der Nachweis erbracht wird, dass es in dem Teil der Union Unter­schei­dungskraft erlangt hat, in dem es zuvor keine originäre Unter­schei­dungskraft hatte. Dieser Teil der Union kann gegebenenfalls aus nur einem einzigen Mitgliedstaat bestehen. Somit reicht für die Eintragung einer solchen Marke der Nachweis nicht aus, dass sie infolge ihrer Benutzung in einem bedeutenden Teil der Union Unter­schei­dungskraft erlangt hat.

Unterscheidung der zu beweisenden Tatsachen

Insoweit ist zwischen den zu beweisenden Tatsachen, nämlich dem Erwerb von Unter­schei­dungskraft infolge der Benutzung eines Zeichens ohne Unter­schei­dungskraft einerseits, und den zum Nachweis dieser Tatsachen geeigneten Beweismitteln andererseits zu unterscheiden. Die Verordnung verlangt nicht, dass die Verkehrs­durch­setzung mit unter­schied­lichen Beweisen für jeden einzelnen Mitgliedstaat nachgewiesen wird.

Zusammenfassung von mehreren Mitgliedstaaten im gleichen Vertriebsnetz

Es kann insbesondere sein, dass die Wirtschafts­be­tei­ligten im Hinblick auf bestimmte Waren oder Dienst­leis­tungen mehrere Mitgliedstaaten im gleichen Vertriebsnetz zusammengefasst und diese Mitgliedstaaten besonders aus der Sicht ihrer Marke­ting­stra­tegien behandelt haben, als ob sie einen einzigen und einheitlichen nationalen Markt darstellen würden. In einem solchen Fall können die Beweise für die Benutzung eines Zeichens auf einem solchen grenz­über­schrei­tenden Markt für alle betreffenden Mitgliedstaaten aussagekräftig sein. Es ist zwar nicht erforderlich, dass für die Eintragung einer Marke, die anfangs keine Unter­schei­dungskraft hat, für jeden einzelnen Mitgliedstaat nachgewiesen wird, dass sie durch Benutzung Unter­schei­dungskraft erlangt hat, jedoch müssen die vorgebrachten Beweismittel den Nachweis ermöglichen, dass die Unter­schei­dungskraft in allen Mitgliedstaaten der Union erlangt wurde, in denen sie keine originäre Unter­schei­dungskraft besaß.

Entscheidung der EUIPO zu Recht aufgehoben

Der Gerichtshof bestätigt somit das Urteil des Gerichts, mit dem es entschieden hat, dass die Verkehrs­durch­setzung einer Marke, die keine originäre Unter­schei­dungskraft hat, für die gesamte Union und nicht nur für einen wesentlichen Teil des Unionsgebiets nachzuweisen sei, so dass, obwohl ein solcher Nachweis alle Mitgliedstaaten umfassend oder für Gruppen von Mitgliedstaaten erbracht werden könne, es nicht ausreiche, dass derjenige, der die Beweislast trägt, sich darauf beschränkt, Beweismittel vorzulegen, die einen Teil der Union nicht abdecken, selbst wenn es sich nur um einen einzigen Mitgliedstaat handelt. Daraus folgt, dass das Gericht die Entscheidung des EUIPO zu Recht aufgehoben hat, in der das EUIPO festgestellt hat, dass die fragliche Marke Verkehrs­durch­setzung erlangt habe, ohne dass es sich zur Verkehrs­durch­setzung der Marke in Belgien, Irland, Griechenland und Portugal geäußert hat. Der Gerichtshof weist auf dieser Grundlage die Rechtsmittel von Nestlé und vom EUIPO zurück.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ ra-online

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