23.11.2024
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Dokument-Nr. 4429

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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil20.03.2007

Auch für volljährige Pflegekinder kann Kindergeld gewährt werden

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat sich zu der Frage geäußert, ob für volljährige Pflegekinder Kindergeld gewährt werden kann.

Im Streitfall hatte die Klägerin, die Tante des volljährigen Kindes S., Kindergeld beantragt und das damit begründet, sie habe S. ab April 2006 in ihren Haushalt aufgenommen, weil S. sonst obdachlos geworden wäre; sie nehme S. bis zum Erwerb eines Haupt­schul­ab­schlusses bei sich auf. Dieser Antrag wurde von der Familienkasse abgelehnt, was damit begründet wurde, dass S. zu ihr nicht durch ein famili­en­ähn­liches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden wäre. S. sei bereits volljährig und halte sich nur vorübergehend bei ihr im Haushalt auf.

Mit der Klage machte die Klägerin geltend, S. sei aufgrund seines ausgeprägten ADS - und Tourette-Syndroms als behindert anzusehen und auf ihre Hilfe angewiesen, was durch ein fachärztliches Attest bestätigt werde. Für S. bestehe aufgrund der (früheren) zerrütteten Famili­en­ver­hältnisse eine deutliche Entwick­lungs­ver­zö­gerung. Der Facharzt habe bestätigt, dass S. nicht die notwendige geistige Reife erreicht habe, die seinem Alter entspreche, so dass er die durchgehende kontinuierliche Unterstützung durch Familien­an­ge­hörige benötige. Die Klage war erfolgreich.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, unter den derzeit gegebenen Umständen der Haushalts­aufnahme des S. in die Wohnung der Klägerin bestehe ein Anspruch auf Kindergeld. Soweit die Familienkasse darauf abstelle, dass ein famili­en­ähn­liches Band wie zwischen Kindern und leiblichen Eltern bestehen müsse, bei volljährigen Personen sei auch in Fällen der Haushalts­aufnahme wegen Fehlen eines famili­en­ähn­lichen Bandes zwischen Steuer­pflichtigem und dem Kind ein Pflege­kind­s­chafts­ver­hältnis nicht mehr gegeben, sei diese Annahme zwar grundsätzlich richtig. Die einschränkende Auslegung des Pflege­kind­be­griffs bei Volljährigen werde damit begründet, dass die körperliche Versorgung und Erziehung des Pflegekindes, die Voraussetzung für die Annahme eines famili­en­ähn­lichen Bandes sei, bei einem gesunden Volljährigem in der Regel keine Rolle mehr spiele. Jedoch sei aufgrund der besonderen Umstände des Falles auch von der Begründung eines Obhuts - und Pflege­ver­hält­nisses zwischen der Klägerin und S. auszugehen. S. sei krank­heits­bedingt trotz seiner Volljährigkeit nicht in der Lage gewesen, ohne fremde Hilfe seine Angelegenheiten im Bereich der Lebensführung bei Ausbildung und Unterkunft wahrzunehmen. Hieran hätten ihn die mit seiner Krankheit einhergehenden Symptome gehindert. Daher erbringe die Klägerin wegen einer insoweit gegebenen Hilflosigkeit des Kindes Betreuungs- und Erzie­hungs­leis­tungen. Dass Ursache für die Betreu­ungs­be­dürf­tigkeit eine Erkrankung sei, lasse die neurologische Begutachtung erkennen. S. werde eine Entwick­lungs­ver­zö­gerung bescheinigt, die nach Auffassung des Gerichts geeignet sei, S. persönliche Entwicklung mit der eines Kindes gleichzustellen, zu dem aufgrund seines Alters auch mit der Tante noch ein Pflege­kind­s­chafts­ver­hältnis begründet werden könne.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 22.06.2007

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