21.11.2024
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Urteil17.02.2021Finanzgericht Münster7 K 3409/20 AO
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Finanzgericht Münster Urteil17.02.2021

Keine unbillige Doppelbelastung von Stückzinsen mit Erbschaft- und EinkommensteuerFinanzgericht Münster zur Abmilderung der Doppelbelastung

Es ist nicht unbillig, Stückzinsen bei der Veräußerung ererbter Invest­men­t­anteile mit dem Abgeltungs­steuersatz zu belasten, wenn diese auf einen Zeitraum vor dem Erbfall entfallen und daher bereits der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden.

Der Kläger erbte im Jahr 2013 Invest­men­t­anteile an einem thesaurierenden Geldmarktfonds. Diese Anteile wurden mit einem Wert von ca. 120.000 € der Erbschaftsteuer unterworfen. Im Jahr 2017 veräußerte er die Wertpapiere zu einem Kurswert von ca. 115.000 €. Nach der Steuer­be­schei­nigung der Sparkasse waren im Veräu­ße­rungserlös Stückzinsen in Höhe von ca. 35.000 € enthalten. Im Rahmen seiner Einkom­men­steu­e­r­er­klärung machte der Kläger geltend, dass aufgrund des gefallenen Kurses die Stückzinsen auf einen Zeitraum vor dem Erbfall entfielen. Die anteilige Erbschaft­steu­er­be­lastung hierauf betrage 30 % (ca. 10.500 €), sodass die Einkommensteuer nach § 35 b EStG zu ermäßigen sei. Das Finanzamt unterwarf die Stückzinsen dem Abgel­tungs­steu­ersatz von 25 % und berücksichtigte keine Steue­r­er­mä­ßigung, weil diese nur für die tarifliche Einkommensteuer gelte. Der Einkom­men­steu­er­be­scheid wurde bestandskräftig, nachdem der Kläger auf Hinweis des Gerichts die hiergegen erhobene Klage zurückgenommen hatte.

Kläger begehrt Steuer­fest­setzung aus Billig­keits­gründen

Anschließend beantragte der Kläger eine abweichende Steuer­fest­setzung aus Billig­keits­gründen und führte hierfür die Doppelbelastung der Stückzinsen an, die mit 30 % Erbschaftsteuer und 25 % Abgel­tungs­steuer über dem Spitzen­steu­ersatz liege. Spätestens seit Einführung der Abgel­tungs­steuer seien Erbschaft- und Einkom­men­steu­er­gesetz nicht hinreichend aufeinander abgestimmt. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und verwies auf die eindeutige gesetzliche Regelung in § 35 b EStG, der nur die tarifliche Einkommensteuer erfasse, sowie auf die Möglichkeit der Günsti­ger­prüfung nach § 32 d Abs. 6 EStG.

Abmilderung der Doppelbelastung nur für tarifliche Einkom­mens­steuer

Das Finanzgerichts Münster hat die Klage abgewiesen. Der Umstand, dass die Steue­r­er­mä­ßigung nach § 35 b EStG auf Kapital­ein­künfte, die dem Abgel­tungs­steu­ersatz unterliegen, nicht anwendbar sei, sei nicht sachlich unbillig. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hätte, wenn er diese Frage als regelungs­be­dürftig erkannt hätte. Aus der gesetzlichen Systematik ergebe sich, dass die streit­be­fangenen Wertpapiere sowohl der Erbschaft- als auch der Einkommensteuer zu unterwerfen seien. Die aus der späteren Veräußerung resultierende Einkommensteuer sei nicht als Nachlass­ver­bind­lichkeit bei der Erbschaftsteuer abziehbar. Umgekehrt könne die Erbschaftsteuer als Personensteuer auch nicht bei der Einkommensteuer abgezogen werden. Mit § 35 b EStG habe der Gesetzgeber zwar die Doppelbelastung mit beiden Steuern abmildern wollen, habe dies aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Diese Abmilderung habe er bewusst auf die tarifliche Einkommensteuer beschränkt. Hierfür spreche, dass bei Einfügung des § 35 b im Jahr 2008 das Unter­neh­mens­steu­er­re­form­gesetz, mit dem die Abgel­tungs­steuer eingeführt wurde, bereits verabschiedet gewesen sei.

Vollständiger Ausschluss der Doppelbelastung nicht gewollt

Außerdem solle mit § 35 b EStG eine Doppelbelastung lediglich verringert und nicht vollständig ausgeschlossen werden. Bei Kapital­ein­künften, die dem Abgel­tungs­steu­ersatz unterliegen, falle die Doppelbelastung weniger stark ins Gewicht als bei anderen Einkünften. Zudem finde § 35 b EStG bei einer positiv ausfallenden Günsti­ger­prüfung Anwendung. Die Doppelbelastung führe auch nicht zu einer verfas­sungs­widrigen Übermaß­be­steuerung, da es sich bei der Erbschaftsteuer einerseits und der Einkommensteuer andererseits um unter­schiedliche steuer­aus­lösende Tatbestände handele.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/aw)

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