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Dokument-Nr. 28551

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Finanzgericht Münster Urteil06.02.2020

Einlagerung kryokon­ser­vierter Ei- und Samenzellen ist umsatz­steu­erfreiErbringung der Einlagerungs­leistung durch anderes Unternehmen als Fruchtbarkeits­behandlung steht Steuerfreiheit nicht entgegen

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Einlagerung kryokon­ser­vierter (eingefrorener) Ei- und Samenzellen zum Zweck der medizinisch indizierten künstlichen Befruchtung auch dann eine steuerfreie Heilbehandlung darstellt, wenn die Lagerung von einem anderen Unternehmer durchgeführt wird als die Fruchtbarkeits­behandlung.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Rechts­vor­gängerin der Klägerin war eine GbR, an der mehrere Frauenärzte beteiligt waren. Diese betrieben ebenfalls eine Partner­schafts­ge­sell­schaft, die Kinder­wun­sch­be­hand­lungen anbot. Im Fall der Kryokon­ser­vierung von Ei- oder Samenzellen wurde die Einlagerung von der GbR auf Grundlage eines von dieser mit den Patienten gesondert abgeschlossenen Vertrages vorgenommen. Die GbR behandelte Umsätze als steuerfreie Heilbe­hand­lungen. Das Finanzamt folgte dem nicht, da nicht nachgewiesen worden sei, dass in allen Fällen eine Einlagerung aus medizinischem Anlass erfolgt sei. Die Lagerung von Eizellen oder Spermien ohne medizinischen Anlass (vorsorgliches Einfrieren von unbefruchteten Eizellen zur Erfüllung eines späteren Kinderwunsches, sog. social freezing) sei keine Heilbehandlung. Zudem könne eine Lagerung nur dann umsatz­steu­erfrei sein, wenn sie vom selben Unternehmer erbracht werde, der auch die Heilbehandlung durchführe.

Die Klägerin führte demgegenüber an, dass sie keine Einlagerungen ohne Heilbehandlung durchgeführt habe. Die ärztliche Partner­schafts­ge­sell­schaft habe kein social freezing angeboten. Die Frucht­ba­r­keits­be­handlung sei auch immer im engen zeitlichen Zusammenhang vorgenommen worden, da anderenfalls die Eizellen abstürben.

Für Steuerfreiheit muss gesamtes Verfahren einem einzigen therapeutischen Zweck dienen

Das Finanzgericht Münster gab der Klage vollumfänglich statt. Dabei stellte das Gericht zunächst klar, dass eine Kryokon­ser­vierung von Eizellen und Spermien nur bei einer organisch bedingte Sterilität als umsatz­steu­erfreie Heilbehandlung anzusehen sei. Bei einem social freezing sei die Einlagerung dagegen steuerpflichtig. Von letzterem sei im Streitfall jedoch anhand der vorgelegten anonymisierten Patien­ten­un­terlagen nicht auszugehen. Der Steuerfreiheit stehe nicht entgegen, dass die Einla­ge­rungs­leistung von einem anderen Unternehmer erbracht wurde als die Frucht­ba­r­keits­be­handlung. Maßgeblich sei vielmehr, dass das gesamte Verfahren einem therapeutischen Zweck diene. Dies sei vorliegend der Fall, denn die Einlagerung stelle einen unerlässlichen Bestandteil des Gesamt­ver­fahrens der künstlichen Befruchtung dar. Hinzu komme, dass es sich bei den beiden Unternehmern um Gesellschaften handelte, an denen jeweils dieselben Personen beteiligt waren.

Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online (pm/kg)

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