18.10.2024
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Finanzgericht Münster Urteil12.08.2015

Vertrau­ens­schutz kann bei Reverse-Charge-Verfahren Inanspruchnahme des Bauleistenden entgegenstehenFG Münster äußert Zweifel an Vereinbarkeit der umsatz­steu­er­lichen Überg­angs­re­gelung mit europa­recht­lichen Vorgaben zur Klarheit und Voraus­seh­barkeit von Rechts­vor­schriften

Das Finanzgericht Münster hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass bei fehlender Umkehr der Umsatz­steuer­schuldner­schaft (Reverse-Charge-Verfahren) einer Inanspruchnahme des Bauleistenden Vertrauens­schutz­gesichts­punkte entgegenstehen können.

Die Antragstellerin erbrachte Bauleistungen gegenüber einem Bauträger, der eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebaute. In ihrer Umsatz­steu­er­fest­setzung für das Streitjahr 2011 gab die Antragstellerin an, umsatz­steu­er­pflichtige Bauleistungen entsprechend der damaligen Verwal­tungs­auf­fassung erbracht zu haben, für die der Leistungs­emp­fänger die Umsatzsteuer schulde. Im Rahmen einer Umsatz­steu­er­son­der­prüfung im Jahr 2015 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die frühere Erlasslage aufgrund der zwischen­zeitlich geänderten Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs nicht mehr maßgeblich sei (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss v. 30.06.2011 - V R 37/10 -). Gegen den entsprechend geänderten Umsatz­steu­er­be­scheid für 2011 berief sich die Antragstellerin auf Vertrauensschutz.

FG zweifelt an Rechtmäßigkeit des Änderungs­be­scheids

Das Finanzgericht Münster äußerte im vorläufigen Rechts­schutz­ver­fahren ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Änderungs­be­scheids. Nach der einschlägigen abgaben­recht­lichen Vertrau­ens­schutz­vor­schrift (§ 176 Abs. 2 AO) dürfe bei der Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten der Antragstellerin berücksichtigt werden, dass der Umsatzsteuer-Anwen­dungs­erlass vom Bundesfinanzhof als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend angesehen werde. Auch die umsatz­steu­erliche Überg­angs­vor­schrift, die die Anwendung des § 176 AO in derartigen Fällen ihrem Wortlaut nach ausschließt (§ 27 Abs. 19 Satz 2 UStG), ermöglicht nach Auffassung des Finanzgerichts Münster nicht zwingend eine Änderung der Umsatz­steu­er­fest­setzung. Es bestünden Zweifel, so das Gericht, ob die Überg­angs­vor­schrift eine verfas­sungs­rechtlich unzulässige Rückwirkung entfalte, weil sie nachträglich in eine bestehende Umsatz­steu­er­schuld eingreife. Möglicherweise sei die Überg­angs­re­gelung außerdem mit den europa­recht­lichen Vorgaben der Klarheit und Voraus­seh­barkeit von Rechts­vor­schriften unvereinbar.

Quelle: Finanzgericht Münster/ra-online

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