18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.
ergänzende Informationen

Hessisches Finanzgericht Urteil13.11.2012

"Standby-Wohnungen" begründen keinen steuerlichen WohnsitzFinanzgericht forderte zu Unrecht Lohnsteuer von einem Piloten nach

Ein Arbeitnehmer, der bereits in einem europäischen Nicht-EU-Land einen Famili­en­wohnsitz hat, begründet in Deutschland in der Regel keinen steuerlichen Wohnsitz nach § 8 Abgabenordnung (AO), wenn er sich gemeinsam mit Berufskollegen im ständigen zeitlichen Wechsel und ohne unein­ge­schränkte Verfü­gungs­mög­lichkeit eine Wohnung in Deutschland teilt. Dies geht aus einer Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts hervor.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Geklagt hatte ein Pilot, der als europäischer Nicht-EU-Bürger in der Nähe eines deutschen Flughafens im Wechsel mit anderen Piloten eine sog. Standby-Wohnung (4ZKBB) angemietet hatte. Damit erfüllte er auch seine arbeits­ver­tragliche Pflicht, auf Abruf seines Arbeitgebers innerhalb von 60 Minuten den Flugdienst anzutreten. Hauptmieter war ein Kollege des Klägers. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass mit der Standby-Wohnung ein Wohnsitz vorliege, mit der Folge, dass der Kläger in Deutschland nicht nur - wie geschehen - den Inlandsanteil seines Arbeitslohns, sondern vielmehr seine gesamten Einkünfte zu versteuern habe und erließ einen sog. Lohnsteu­er­nach­for­de­rungs­be­scheid nach § 41 c Abs. 4 Satz 2 Einkom­men­steu­er­gesetz (EStG).

Es bestand keine Wohnge­mein­schaft

Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass der Lohnsteu­er­nach­for­de­rungs­be­scheid rechtswidrig ist und hob diesen zu Gunsten des Klägers auf. Eine Person, die wie der Kläger eine Wohnung im ständigen Wechsel mit anderen Personen nutze, begründe dort in aller Regel keinen Wohnsitz nach § 8 AO. So habe der Kläger die Wohnung nur dann nutzen können, wenn diese nicht zuvor von drei anderen Kollegen in Beschlag genommen worden sei. Denn auf die Wohnungs­sch­lüssel hätten nur drei Nutzer gleichzeitig zugreifen können. Damit fehle es aber an der Möglichkeit, in zeitlicher und räumlicher Hinsicht uneingeschränkt über die Wohnung zu verfügen. Es habe auch keine gemeinsame Nutzungs­mög­lichkeit wie beispielsweise in einer Wohnge­mein­schaft bestanden. Vielmehr habe der Kläger immer damit rechnen müssen, sich anstelle der Standby-Wohnung ein anderes Übernach­tungs­quartier suchen zu müssen.

Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil15452

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI