15.11.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil20.02.2006

Besuch der Kinder von der Steuer als außer­ge­wöhnliche Belastung absetzenHessisches Finanzgericht hält Aufwendungen für die Kontaktpflege zu getrennt lebenden Kindern als außer­ge­wöhnliche Belastung abziehbar

Wer als Vater oder Mutter nach der Trennung seine Kinder beim früheren Partner im Ausland besuchen möchte, kann die Reisekosten als außer­ge­wöhnliche Belastung in der Steuererklärung geltend machen. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden. Eine endgültige Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs zu dieser Frage steht allerdings noch aus.

Nach der Ansicht des Bundes­fi­nanzhofs (z. B. Urteil vom 28.3.1996, Az.: III R 208/94, veröffentlicht im Bundessteu­erblatt Teil I 1997, Seite 54) stellen Aufwendungen, die zur Ausübung des Besuchsrechts des nicht sorge­be­rech­tigten Elternteils gemacht werden, keine außer­ge­wöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Abs. 1 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) dar, weil sie durch die Regelungen des Kinder­las­te­n­aus­gleichs abgegolten seien.

Gegen diese Auffassung wandte sich der 2. Senat des Hessischen Finanzgerichts in seinem unter der Geschäftsnummer 2 K 3058/04 ergangenen Urteil vom 20.2.2006. Geklagt hatte in diesem Verfahren ein Steuer­pflichtiger, dessen Ehefrau nach der Trennung zusammen mit den drei gemeinsamen Kinder, für die ihr das Sorgerecht zugesprochen wurde, in ihre Heimat Nordspanien zurückgekehrt war. Die Flugkosten für von ihm und den Kindern durchgeführte Reisen von und nach Spanien hatte der Kläger beim Finanzamt vergeblich als außer­ge­wöhnliche Belastung geltend gemacht.

Das Hessische Finanzgericht entschied zugunsten des Klägers. Vor dem Hintergrund der Neuregelung des elterlichen Sorge- und Umgangsrechts durch das zum 1.7.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Kinds­chafts­rechts vom 16.12.1997 könne der Rechtsprechung des Bundes­fi­nanzhofs nicht mehr gefolgt werden. In § 1684 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches habe der Gesetzgeber ausdrücklich eine Pflicht zum Umgang mit Kindern konstituiert, unabhängig davon, welcher Elternteil das Sorge- und Aufent­halts­be­stim­mungsrecht innehabe. Daher seien bei einem nicht sorge­be­rech­tigten Steuer­pflichtigen Aufwendungen, die er für die Kontaktpflege zu seinen getrennt lebenden Kindern tätige, als zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG anzusehen. Die Aufwendungen seien jedenfalls dann als außer­ge­wöhn­licher Belastung zu berücksichtigen, wenn der das alleinige Aufent­halts­be­stim­mungsrecht und gegebenenfalls Sorgerecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder innehabende Elternteil ins Ausland übergesiedelt sei und deswegen beim anderen Elternteil erhebliche Reisekosten für die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Umgangsund Kontakt­pfle­ge­ver­pflichtung anfielen, die er auch nicht anderweitig (z. B zivilrechtlich durch Minderung des Barunterhalts gegenüber dem sorge­be­rech­tigten Elternteil) ausgleichen könne.

Da gegen die Entscheidung Revision eingelegt wurde, wird der Bundesfinanzhof (dortiges Az: III R 30/06) Gelegenheit haben, sich erneut mit dieser Problematik zu befassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Hessischen Finanzgerichts vom 16.05.2006

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