14.12.2024
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Urteil12.07.2023Niedersächsisches Finanzgericht3 K 14/23
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Niedersächsisches Finanzgericht Urteil12.07.2023

Umfang der erbschaft­steuerlichen Befreiung eines FamilienheimsBefreiung auf vorhandene katastermäßig kleinere Grund­s­tücks­fläche zu begrenzen

Nur die Grundfläche des mit dem Familienheim bebauten Flurstücks oder bei größeren Flurstücken eine angemessene Zubehörfläche unterfällt dem verfassungs­rechtlichen Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraums und ist erbschaft­steu­erlich begünstigt.

Im Streitfall hatte der Kläger durch Erbschaft sechs Flurstücke erworben. Fünf dieser Flurstücke waren nach § 890 Bürgerliches Gesetzbuch zusammengefasst als ein Grundstück im Grundbuch vereinigt. Bei der Erbschaftsteuer erfolgt die Bewertung von Grundbesitz grundsätzlich durch das Finanzamt, in dessen Bezirk das entsprechende Grundstück liegt. Die so festgestellten Werte sind dann vom für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt als sog. Grund­la­gen­be­scheide in den Erbschaft­steu­er­be­scheid zu übernehmen. Über die Steuerbefreiung für ein Familienheim wiederum entscheidet das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt. Im Streitfall gab es die Besonderheit, dass das für die Bewertung zuständige Finanzamt drei der fünf im Grundbuch vereinigten Flurstücke in einem Bescheid zusammengefasst und für diese einen Gesamtwert festgestellt hatte. In der Erläuterung des Bescheides hatte das Bewer­tungs­fi­nanzamt ausgeführt, dass die Steuerbefreiung für das Familienheim ggf. nur für das eine Flurstück zu gewähren sei, auf dem das Haus steht. So sah es auch das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt. Es übernahm in den Erbschaft­steu­er­be­scheid nicht den festgestellten Gesamtwert für die drei Flurstücke und gewährte hierfür die Steuerbefreiung. Stattdessen rechnete es aus dem Gesamtwert den Wert des mit dem Einfamilienhaus bebauten Flurstücks heraus und gewährte nur in dieser Höhe die Steuerbefreiung. Der Kläger begehrte hingegen die Steuerbefreiung für den gesamten vom Bewer­tungs­fi­nanzamt festgestellten Grundbesitzwert (also für alle drei Flurstücke).

FG: Nur mit dem Familienheim bebautes Flurstück erbschaft­steu­erfrei

Das Finanzgericht hatte sich hier mit der Frage zu beschäftigen, nach welchen Kriterien das Familienheim zu bewerten ist. Vorliegend traf das Finanzgericht eine weder-noch-Entscheidung. Weder folgte es der zivil­recht­lichen Sichtweise, da das mit dem Haus bebaute Flurstück nicht einzeln, sondern mit vier weiteren Flurstücken vereinigt im Grundbuch eingetragen war. Noch folgte das Gericht der vom Bewer­tungs­fi­nanzamt vorgenommenen Grund­s­tücks­be­wertung, die drei Flurstücke umfasste. Das Gericht vertrat vielmehr die Ansicht, dass das Erbschaft­steu­er­fi­nanzamt zu Recht nur das tatsächlich mit dem Familienheim bebaute Flurstück von der Steuer befreit hatte. Dies folge aus der primären Anknüpfung des Erbschaft­steu­er­rechts an das Zivilrecht. Zudem sei es verfas­sungs­rechtlich geboten, die Befreiungsnorm restriktiv auszulegen. Deswegen könne für die Steuerbefreiung nicht auf die wirtschaftliche Einheit im Sinne des Bewer­tungs­rechts abgestellt werden. Stattdessen sei die Befreiung auf eine vorhandene katastermäßig kleinere Grund­s­tücks­fläche (und sollte diese nicht gegeben sein, gegebenenfalls auf eine Teilfläche) zu begrenzen. Den Hintergrund der restriktiven Auslegung der Norm sah das Gericht in einer möglichen Doppel­be­güns­tigung naher Famili­en­mit­glieder durch hohe Freibeträge einerseits und die Freistellung des Familienheims andererseits. Personen mit "großem" Familienheim profitieren von der Befrei­ungs­vor­schrift nämlich in größerem Maße, als z.B. Personen mit kleiner oder keiner Immobilie, weil die Freibeträge zusätzlich zur Steuerbefreiung des Familienheims gewährt werden.

Nun muss der BFH entscheiden

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Finanzgericht die Revision zugelassen. Diese wurde vom unterlegenen Kläger auch bereits eingelegt. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich der Bundesfinanzhof zu dieser Frage positioniert.

Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, ra-online (pm/ab)

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