21.11.2024
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Finanzgericht Hamburg Beschluss10.01.2006

Jede Stunde zählt und eine Stunde ist zuviel

Das Finanzgericht Hamburg hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt, ob unverschuldete und unvorhersehbare Verstöße gegen gemein­schafts­rechtliche Tierschutz­be­stim­mungen, die zu keiner Beein­träch­tigung des Wohlbefindens der Tiere geführt haben, zum Verlust von Export­s­ub­ven­tionen führen.

Die Firma F. hatte lebende Rinder in den Libanon ausgeführt und für diesen Export beim Hauptzollamt Hamburg-Jonas die Zahlung von Ausfuh­r­er­stat­tungen in Höhe von rund 10.000 € beantragt. Ausfuh­r­er­stat­tungen sind Subventionen der Europäischen Gemeinschaft, die Firmen gezahlt werden, wenn diese bestimmte landwirt­schaftliche Produkte in Drittländer (z.B. Libanon, Marokko) ausführen und dadurch den europäischen Markt entlasten. Das Gemein­schaftsrecht schreibt vor, dass Tiertransporte nach zwei Trans­port­in­ter­vallen von jeweils längstens 14 Stunden für eine Ruhepause von 24 Stunden an einem zugelassenen Aufenthaltsort zu unterbrechen sind. In dem vom Finanzgericht Hamburg zu entscheidenden Fall konnte der Tiertrans­porteur das zweite Trans­port­in­tervall aufgrund einer Unfallaufnahme nicht einhalten und erreichte erst eine Stunde später als erlaubt den Aufenthaltsort in Prosecco (Italien). Dort wurden die Tiere abgeladen, gefüttert und getränkt. Nach einer Ruhezeit von nur 20 Stunden wies der italienische Veterinär allerdings den Tiertrans­porteur an, die Tiere wieder aufzuladen und den Transport fortzusetzen. Der Veterinär hatte zuvor geprüft und in den Trans­port­pa­pieren bescheinigt, dass die Tiere im Sinne der gemein­schafts­recht­lichen Tierschutz­be­stim­mungen transportfähig sind.

Das Hauptzollamt Hamburg-Jonas steht auf dem Standpunkt, dass dem Exporteur keine Ausfuh­r­er­stattung zusteht, weil er die gemein­schafts­recht­lichen Tierschutz­be­stim­mungen nicht beachtet hat. Dass der Tiertrans­porteur das zweite Trans­port­in­tervall aufgrund eines unvor­her­sehbaren und unverschuldeten Umstandes geringfügig überschritten hatte, stellt aus der Sicht des Hauptzollamtes keinen Entschul­di­gungsgrund dar. Ebenso hat das Hauptzollamt kein Verständnis für die Argumentation des Exporteurs, dass der italienische Tierarzt seinen Transporteur angewiesen habe, die Ruhepause vorzeitig zu beenden.

Nun hofft die Firma F. auf das Wohlwollen des Europäischen Gerichtshofes, den das Finanzgericht Hamburg angerufen und um Vorab­ent­scheidung der Frage gebeten hat, ob einem Exporteur die Ausfuh­r­er­stattung versagt werden darf, wenn der Transporteur gemein­schafts­rechtliche Tierschutz­vor­schriften unvorhersehbar und nicht vorwerfbar übertreten hat und zugleich feststeht, dass das Wohlbefinden der Tiere durch diesen Verstoß nicht beeinträchtigt worden ist.

Erläuterungen

Das Finanzgericht Hamburg ist als Oberes Landesgericht zuständig für Steuer-, Zoll-, Kindergeld- und Europäisches Markt­ord­nungsrecht. In Zoll- und Markt­ord­nungs­ver­fahren besteht eine gemeinsame Zuständigkeit auch für die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

Quelle: Pressemitteilung des FG Hamburg vom 16.01.2006

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