Die Firma F. hatte lebende Rinder in den Libanon ausgeführt und für diesen Export beim Hauptzollamt Hamburg-Jonas die Zahlung von Ausfuhrerstattungen in Höhe von rund 10.000 € beantragt. Ausfuhrerstattungen sind Subventionen der Europäischen Gemeinschaft, die Firmen gezahlt werden, wenn diese bestimmte landwirtschaftliche Produkte in Drittländer (z.B. Libanon, Marokko) ausführen und dadurch den europäischen Markt entlasten. Das Gemeinschaftsrecht schreibt vor, dass Tiertransporte nach zwei Transportintervallen von jeweils längstens 14 Stunden für eine Ruhepause von 24 Stunden an einem zugelassenen Aufenthaltsort zu unterbrechen sind. In dem vom Finanzgericht Hamburg zu entscheidenden Fall konnte der Tiertransporteur das zweite Transportintervall aufgrund einer Unfallaufnahme nicht einhalten und erreichte erst eine Stunde später als erlaubt den Aufenthaltsort in Prosecco (Italien). Dort wurden die Tiere abgeladen, gefüttert und getränkt. Nach einer Ruhezeit von nur 20 Stunden wies der italienische Veterinär allerdings den Tiertransporteur an, die Tiere wieder aufzuladen und den Transport fortzusetzen. Der Veterinär hatte zuvor geprüft und in den Transportpapieren bescheinigt, dass die Tiere im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen transportfähig sind.
Das Hauptzollamt Hamburg-Jonas steht auf dem Standpunkt, dass dem Exporteur keine Ausfuhrerstattung zusteht, weil er die gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen nicht beachtet hat. Dass der Tiertransporteur das zweite Transportintervall aufgrund eines unvorhersehbaren und unverschuldeten Umstandes geringfügig überschritten hatte, stellt aus der Sicht des Hauptzollamtes keinen Entschuldigungsgrund dar. Ebenso hat das Hauptzollamt kein Verständnis für die Argumentation des Exporteurs, dass der italienische Tierarzt seinen Transporteur angewiesen habe, die Ruhepause vorzeitig zu beenden.
Nun hofft die Firma F. auf das Wohlwollen des Europäischen Gerichtshofes, den das Finanzgericht Hamburg angerufen und um Vorabentscheidung der Frage gebeten hat, ob einem Exporteur die Ausfuhrerstattung versagt werden darf, wenn der Transporteur gemeinschaftsrechtliche Tierschutzvorschriften unvorhersehbar und nicht vorwerfbar übertreten hat und zugleich feststeht, dass das Wohlbefinden der Tiere durch diesen Verstoß nicht beeinträchtigt worden ist.
Erläuterungen
Das Finanzgericht Hamburg ist als Oberes Landesgericht zuständig für Steuer-, Zoll-, Kindergeld- und Europäisches Marktordnungsrecht. In Zoll- und Marktordnungsverfahren besteht eine gemeinsame Zuständigkeit auch für die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.01.2006
Quelle: Pressemitteilung des FG Hamburg vom 16.01.2006