Dokument-Nr. 20896
Permalink https://urteile.news/
Finanzgericht Berlin-Brandenburg Urteil02.12.2014
Rückstellungen für "Überversorgung" dürfen in voller Höhe in Bilanz eingestellt werdenUnklare Berechnungsgrundlage für Überversorgung führt insbesondere bei Inanspruchnahme von Altersteilzeit zu ungerechten Ergebnissen
Erteilt ein bilanzpflichtiges Unternehmen einem Angestellten eine Versorgungszusage, die unter Anrechnung sonstiger Rentenansprüche mehr als 75 % der letzten Aktivbezüge beträgt (sogenannte Überversorgung), kann es die entsprechenden Rückstellungen in voller Höhe in seine Bilanz einstellen. Dies entschied das Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Der 6. Senat wendet sich damit gegen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und die gegenwärtige Praxis der Finanzverwaltung.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte eine GmbH einem Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer war, ein festes monatliches Ruhegehalt von 6.000 DM ab Vollendung des 65. Lebensjahres zugesichert. In seinem letzten aktiven Jahr als Angestellter arbeitete der Geschäftsführer nur noch in Teilzeit. Dadurch reduzierte sich sein monatliches Gehalt um ein Drittel. Bei Ausscheiden aus dem Angestelltenverhältnis standen ihm neben der betrieblichen Versorgung noch Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer von der GmbH abgeschlossenen Direktversicherung zu. Das klagende Unternehmen stellte in den Streitjahren in seinen Bilanzen Rückstellungen ein, die die Versorgungszahlungen in voller Höhe berücksichtigten. Das Einkommensteuergesetz sieht in § 6 a Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 vor, dass Werterhöhungen oder Verminderungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahres, die hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfanges ungewiss sind, bei der Berechnung des Barwertes der künftigen Pensionsleistungen und der Jahresbeträge erst zu berücksichtigen sind, wenn sie eingetreten sind.
FG stellt sich gegen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschied nun, dass der zur Entscheidung stehende Fall schon nicht vom Gesetzeswortlaut erfasst sei, weil dem früheren Geschäftsführer eine unabänderliche Versorgungszusage erteilt worden sei, so dass eine Ungewissheit im Gesetzessinne nicht vorliege. Unabhängig davon sei aber auch nicht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu folgen, die bei einer Überversorgung im oben beschriebenen Sinne immer zu einer Kürzung der Pensionsrückstellung führe.
Berechnungsgrundlage verschiebt sich wegen reduzierten Gehalts zuungunsten des Versorgungsempfängers
Diese Rechtsprechung finde keine Stütze im Gesetz, die Grundlagen der Berechnung der Überversorgung seien unklar und führten insbesondere bei der Inanspruchnahme von Altersteilzeit zu ungerechten Ergebnissen, da sich die Berechnungsgrundlage wegen des reduzierten Gehalts zuungunsten des Versorgungsempfängers verschiebe. Dies konterkariere die vom Gesetzgeber gewollte und arbeitsmarkpolitisch sinnvolle Förderung der Altersteilzeit.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.04.2015
Quelle: Finanzgericht Berlin-Brandenburg/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil20896
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.