21.11.2024
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Finanzgericht Berlin-Brandenburg Urteil28.11.2012

Umsätze einer Privatklinik sind umsatz­steu­erfreiGrundsatz der steuerlichen Neutralität spricht für Steuerbefreiung

Die pauschalen Tagesätze einer Privatklinik, die keine gesetzlich versicherten Patienten behandelt, sind in voller Höhe umsatz­steu­erfrei. Dies entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg und gab damit der Klage einer Privatklinik in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer 2003 bis 2006 statt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist eine GmbH und betreibt ein Krankenhaus in privater Trägerschaft. Die erbrachten ärztlichen Leistungen sowie Unterbringung und Verpflegung der Patienten rechnet die Klägerin mit einem pauschalen Tagespflegesatz ab. Weil die Klinik nicht in den Kranken­h­aus­be­da­rfsplan aufgenommen ist, werden nur privat versicherte Patienten und Selbstzahler behandelt, aber keine Kassenpatienten.

Finanzamt teilt Umsätze der Klinik in umsatz­steu­er­freien und umsatz­steu­er­pflichtigen Anteil auf

Das Finanzamt teilte die Umsätze der Klägerin aus den Tages­pfle­ge­sätzen zunächst in einen umsatz­steu­er­freien Anteil für die enthaltenen ärztlichen Leistungen sowie einen umsatz­steu­er­pflichtigen Anteil für die mit dem Klinikbetrieb verbundenen Leistungen für Unterkunft und Verpflegung auf.

Privatklinik kann sich bei Steuerbefreiung unmittelbar auf europäisches Recht berufen

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, die Umsätze aus den Tages­pfle­ge­sätzen insgesamt von der Umsatzsteuer zu befreien. Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage in vollem Umfang statt und entschied, dass auch die Umsätze einer Privatklinik, die keine gesetzlich versicherten Patienten behandelt, umsatz­steu­erfrei sein können. Damit weicht das Gerict von der bisherigen Rechtsprechung ab. Die Klägerin erfülle zwar nicht die Voraussetzungen der nationalen Steuer­be­frei­ungs­vor­schriften, könne sich aber unmittelbar auf europäisches Recht (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechts­vor­schriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer 77/388/EWG) berufen. Entscheidend für eine Steuerbefreiung sei die Art der Umsätze. Krankenhäuser in privater Trägerschaft sind mit Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar, wenn sie – wie im Streitfall – Wahlleistungen zur Zimmerbelegung (Einzelzimmer) und Chefa­rzt­be­handlung nur in geringem Umfang erbringen. Diese Auslegung entspreche dem Zweck der Steuerbefreiung, die Kosten der Heilbehandlung zu senken. Die Kosten des Gesund­heits­wesens sollten mit Blick auf den Endverbraucher, den Patienten, nicht mit Umsatzsteuer belastet werden. Dies gelte auch dann, wenn das Krankenhaus mit Gewinn­er­zie­lungs­absicht handle.

Gleichartig, miteinander in Wettbewerb stehende Dienst­leis­tungen dürfen hinsichtlich der Mehrwertsteuer nicht unterschiedlich behandelt werden

Für eine Steuerbefreiung spreche ferner der Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Dieser verbiete es, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienst­leis­tungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.

Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg/ra-online

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