18.10.2024
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Dokument-Nr. 815

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Beschluss18.07.2005Finanzgericht Baden-Württemberg4 V 24/04
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Finanzgericht Baden-Württemberg Beschluss18.07.2005

Bank muss Steuerfahndung Auskunft über Inhaber von Telekom Bonus-Aktien erteilen

Dies entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg durch Beschluss vom 18. Juli 2005.

Die Antragstellerin - eine Bank - wandte sich gegen ein Auskunft­s­er­suchen der Steuerfahndung des Finanzamts Stuttgart. Darin wird sie verpflichtet wird, Daten von Bankkunden zu benennen, die im Jahr 2000 Bonusaktien aus dem zweiten Börsengang der Deutschen Telekom erhalten haben. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung hatte sie für sich sowie für die ihr angeschlossenen Kreditinstitute 218.303 Bonusaktien mit einem steuer­pflichtigen Gesamtbetrag von fast 9,5 € Millionen zugeteilt erhalten. Diese hat sie an 30.225 bezugs­be­rechtigte Kunden in Baden-Württemberg verteilt. Stichproben aus einem zufällig gewählten Pool von Steuer­pflichtigen hätten ergeben, dass lediglich in zwei Fällen Einkünfte aus Kapitalvermögen aus dem Erhalt von Bonusaktien angegeben worden waren. Das Auskunft­s­er­suchen sei zur Aufdeckung steue­rer­heb­licher Tatsachen erforderlich. Die Antragstellerin vertrat die Auffassung, es handle sich hierbei um unzulässige Ermittlungen „ins Blaue hinein“.

Dem folgte das FG Baden-Württemberg nicht und entschied, dass die geforderten Auskünfte vorliegend zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle gerechtfertigt seien. Die Zuteilung von Bonusaktien der Deutschen Telekom im Jahr 2000 habe zu steuer­pflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen geführt. Es bestünden nach den Fahndungs­er­geb­nissen konkrete Anhaltspunkte für Steuer­hin­ter­zie­hungen. Nach den Ermittlungen könne davon ausgegangen werden, dass Kunden der Antragstellerin steuer­pflichtige Kapital­ein­künfte erzielt, aber in ihren Steue­r­er­klä­rungen nicht erklärt hätten. Eine unzulässige Rasterfahndung liege nicht vor. § 93 Abgabenordnung berechtige die Steuerfahndung im Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuer­ver­kür­zungen auch zu Samme­laus­kunft­s­er­suchen.

Das Auskunfts­ver­langen verstoße auch nicht gegen rechts­s­taatliche Grundsätze, insbesondere sei es verhältnismäßig. Denn es sei zur Sachver­halts­auf­klärung geeignet und - gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit - notwendig. Weiterhin sei die Erteilung der Auskunft möglich und zumutbar. Da die Deutsche Telekom über die Informationen nicht verfüge, hätten keine anderen Aufklä­rungs­mittel zur Verfügung gestanden. Das Gericht verkenne nicht, dass aufgrund des Auskunft­s­er­suchens das Vertrau­ens­ver­hältnis der Bank zu ihren Kunden möglicherweise beeinträchtigt werde. Diese Beein­träch­tigung müsse aber hinter das mit den Ermitt­lungs­maß­nahmen angestrebte Ziel zurücktreten, die gesetzlich vorgesehene Besteuerung gegenüber jedermann gleichmäßig durchzusetzen und damit Steuer­gleichheit und Steuer­ge­rech­tigkeit zu erreichen. Die Gleichmäßigkeit der Erhebung von Steuern stelle ein wichtiger Teil des Gemeinwohls dar. Werde bei der Steuerhebung die Gleichheit verfehlt, könne dies sogar zur Verfas­sungs­wid­rigkeit der gesetzlichen Grundlagen der Steuererhebung führen.

Siehe auch Urteil des BFH vom 07.12.2004: Bonusaktien der Telekom sind als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern.

Quelle: Bericht der ra-online Redaktion, Pressemitteilung Nr. 6/2005 des FG Baden-Württemberg vom 27.07.2005

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